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Bewegung & Kognition

Nachgefragt: Sportlich aktiv mit MS – Victor läuft Marathon

10 Minuten

Veröffentlicht am 09.05.2023  von  trotz ms Redaktion

Seine MS-Diagnose veranlasst Victor dazu, seine Vorhaben direkt umzusetzen und neue Aktivitäten auszuprobieren, anstatt sich zurückhalten zu lassen. So beschließt er 2023, erstmals einen Marathon zu laufen. „Die MS ist immer präsent, aber ich lebe mein Leben weiter. Seit ich meine Therapie gestartet habe, habe ich ein Gefühl von Sicherheit.“ Im Interview teilt Victor seine Erfahrungen rund um Sport, den Marathonlauf und seine persönlichen Ziele.

Über Victor

Als er seine MS-Diagnose Anfang des Jahres 2022 erhält, ist Victor 27 Jahre alt. Während eines Aufenthalts für ein Praktikum in Kolumbien bekommt er einen Schub und Gewissheit durch ein MRT: Victor hat eine hochaktive, schubförmige MS. Kurz darauf fliegt er zurück nach Deutschland – um sich intensiver zu informieren und Spezialistinnen oder Spezialisten aufzusuchen. Nur wenige Monate später beginnt er seine MS-Therapie. Wenn Victor nicht gerade durch Deutschland oder die Welt reist, lebt er in Köln, studiert und arbeitet mit Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen.

Lieber Victor, wie bist Du auf die Idee gekommen, ein Jahr nach Deiner MS-Diagnose einen Marathon zu laufen?

Mir tut Sport sehr gut, um den Kopf freizubekommen. Als ich ungefähr 18 war, habe ich mit dem Joggen angefangen. Heute laufe ich noch mehr als damals – normalerweise fünfmal pro Woche etwa zehn Kilometer. Das brauche ich einfach. Als ich nach meiner MS-Diagnose im Krankenhaus war, habe ich viel nachgedacht und zu mir selbst gesagt: „Du wolltest das schon immer einmal in Deinem Leben machen – jetzt oder nie!“

Was bedeutet Dir der Marathonlauf – und aktiv zu sein – als Mensch mit MS?

Das klingt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber ich wollte es mir selbst einfach beweisen – dass aktiv zu sein auch nach der Diagnose noch geht. Mir ist das viel wert für mein Selbstbewusstsein. Ich war immer sehr unabhängig. Mit so einem Lauf kann ich mir selbst beweisen, dass ich noch immer einiges leisten kann. Deswegen möchte ich meine Geschichte auch teilen. Vielleicht kann ich damit jemanden motivieren, eigene Vorhaben, Träume und Ziele trotz der Diagnose zu erreichen, wenn es irgendwie geht.

Schritt für Schritt die MS-Forschung voranbringen

TheMay50K ist eine internationale Community-Aktion, die von der DMSG unterstützt wird, um Spenden für die MS-Forschung zu sammeln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können im Mai insgesamt 50 Kilometer laufen, walken, rollen, schwimmen oder Rad fahren.

Was motiviert Dich?

Ich habe noch viel vor im Leben! Ich will fit bleiben, solange ich kann. Bei mir war es früher oft so, dass ich vieles gar nicht erst angefangen habe. Wenn ich gemerkt habe, mir fällt etwas nicht so leicht, zum Beispiel, wenn es darum ging, eine neue Sportart auszuprobieren, dann habe ich von vornherein gedacht: „Wenn ich kein Grundtalent dafür mitbringe, wozu soll ich es dann anfangen? Ich bin dafür eh nicht wirklich gemacht.“ Meine MS-Diagnose hat mir diese Denkweise völlig genommen. Das gibt mir mehr Flexibilität in meinen Zielen. Jetzt denke ich mir: Alles, was ich ausprobieren kann, das mache ich. Ich muss keine Maximalleistung liefern. Überhaupt einen Marathon zu laufen – und das für mich zu machen – das reicht mir!

Person nach dem Lauf

In nur 3 Stunden und 48 Minuten legt Victor die Rund 42 Kilometer bei seinem ersten Marathonlauf zurück – und hofft, andere Menschen mit MS damit inspirieren zu können.

Wie hast Du eine MS-Therapie gefunden, die zu Dir und Deinem Leben passt?

Am Anfang hatte ich den Eindruck, dass alles über meinen Kopf hinweg entschieden wird. Ich habe mich gefühlt, als komme ich in das Hamsterrad eines Krankenhauses, wurde mehr oder weniger einfach abgefertigt und war völlig fehl am Platz. Da habe ich gemerkt: Das tut mir gar nicht gut.

„Ich habe mir einige Kliniken und MS-Praxen rausgesucht, die Menschen mit MS individuell betrachten und mit ihnen zusammenarbeiten.”

Die besten Arztgespräche hatte ich an einer Uniklinik. Dort sollte ich zuerst einen Fragebogen ausfüllen, in dem es auch um ganz banale Dinge aus dem eigenen Alltag ging. Dabei kam vor allem heraus: Bei der MS-Therapie ist wichtig für mich, möglichst unabhängig zu sein. Mir sind verschiedene Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt worden und ich habe selber viel recherchiert. Daraufhin hatte ich ein Gespräch dazu, was für mich persönlich ausschlaggebend ist und welche Therapie für mich am passendsten ist.

Ich glaube, es ist wichtig zu kommunizieren, inwieweit man bei der Entscheidung über die MS-Therapie einbezogen werden möchte. Das ist einfach vom jeweiligen Typ abhängig und es gibt natürlich viele Faktoren, die beeinflussen, inwieweit man sich in seiner aktuellen Lebenssituation einbringen möchte und auch kann.

Was ist Dir bei Deiner MS-Therapie besonders wichtig?

Ich hatte bisher in meinem Leben immer die Einstellung, möglichst wenig Medikamente zu nehmen. Eine MS-Therapie regelmäßig anzuwenden, bedeutet natürlich ein Stück weit Abhängigkeit – aber im Endeffekt mache ich das, um maximal mögliche Unabhängigkeit zu erleben.

„Am wichtigsten ist mir die Wirksamkeit meiner MS-Therapie – und meine Unabhängigkeit zwischen den Anwendungen.“

Ich wollte nicht riskieren, weitere Schübe zu bekommen, die vielleicht irreparable Schäden hinterlassen. Ich wollte direkt mit einer hochwirksamen Therapie starten. Eine lange anwendungsfreie Zeit hat für mich eine wichtige Bedeutung. Damit habe ich Planungsfreiheit und Sicherheit. Ich möchte viel reisen, Zeit im Ausland verbringen und auch in Deutschland viel unterwegs sein. Das ist wichtig für mich und meine berufliche Zukunft.

Inhaltlich geprüft: M-DE-00016537

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