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Veröffentlicht am 01.07.2022 von trotz ms Redaktion
Von der Behandlung der Symptome hin zu einem Stillstand der Krankheitsaktivität – mit der Entwicklung hochwirksamer MS-Medikamente ändern sich auch die Anforderungen an die Therapie und den Therapieerfolg.
Früher konnten Ärztinnen und Ärzte lediglich die Symptome der MS behandeln. Mit der Entwicklung der ersten Medikamente zur Behandlung der MS wurde das Therapieziel höher gesteckt: Im Fokus stand, die Anzahl der Schübe zu verringern. Heute weiß man jedoch, dass die Schübe nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Denn die MS kann auch ohne Schübe aktiv sein und dauerhafte Schäden verursachen. Moderne MS-Medikamente zielen daher darauf ab, die Krankheitsaktivität vollständig zu unterdrücken und so die Progression der MS zu bremsen.
Progression bedeutet, dass die MS weiter fortschreitet. Dabei nehmen die Schäden an den Nerven und damit die Beeinträchtigungen zu. Die Progression der MS kann auf zwei Arten verlaufen – abhängig oder unabhängig von Schüben:
Schubabhängige Progression: Die Symptome bilden sich nach einem Schub nicht vollständig zurück und verschlechtern sich dauerhaft. Der Fachbegriff dafür lautet „Relapse-Associated Worsening“ (= schub-bedingte Verschlechterung), kurz RAW. Da sich die MS dabei sprunghaft verschlechtert, kannst Du Dir dieses schubabhängige Fortschreiten mit dem Bild des Kängurus als Eselsbrücke merken.
Schubunabhängige Progression: Das schleichende Fortschreiten der MS im Stillen, also ohne Schübe, heißt in der Fachsprache „Progression Independent of Relapse Activity“ (= Fortschreiten unabhängig von Schubaktivität), kurz PIRA. Stell Dir eine Schnecke vor, die langsam, aber stetig ihren Weg geht. Genauso kann die MS schleichend, aber dauerhaft fortschreiten.
Wichtig zu wissen ist, dass auch bei den schubförmigen Verläufen der MS – also bei RRMS und rSPMS – die Erkrankung ohne das Auftreten von Schüben fortschreiten kann. Hier können „Känguru“ und „Schnecke“ also gemeinsam die MS verschlechtern. Einer aktuellen Studie1 zufolge gehen sogar 80 bis 90 Prozent der zunehmenden Beeinträchtigung auf das Konto der Schnecke. Das heißt, die MS schreitet hauptsächlich unabhängig von Schüben fort.
Hast Du diese Begriffe auch schon einmal gehört und Dich gefragt, wofür sie stehen und was sie mit MS zu tun haben? Hier kommt die Erklärung:
EDSS ist die Abkürzung für „Expanded Disability Status Scale“ (= erweiterte Behinderungsskala). Mithilfe dieser Skala kann Dein Behandlungsteam den Schweregrad Deiner MS-bedingten Einschränkungen messen. Dazu untersucht es verschiedene Funktionssysteme des Nervensystems, wie beispielsweise das motorische System, also Beweglichkeit und Kraft, oder das visuelle System, also die Sehfähigkeit. Insgesamt werden sieben verschiedene Systeme geprüft, die durch die MS beeinträchtigt sein können. Den Grad der Einschränkung bewertet der EDSScore mit einem Wert von null bis zehn. Dabei bedeutet “null” keinerlei Einschränkungen und “zehn” starke Einschränkungen.
NEDA und NEPAD sind Abkürzungen für Begriffe, die Fachleute nutzen, um das Therapieziel bei MS zu definieren – häufig im Rahmen von klinischen Studien.
NEDA steht für „No Evidence of Disease Activity“, also „keine Anzeichen von Krankheitsaktivität“. Diese Abwesenheit von Krankheitsaktivität wird bestimmt durch:
Da ein Kriterium das Fehlen von Schüben ist, gilt NEDA in erster Linie für die schubförmigen MS-Verläufe – also RRMS und rSPMS.
Für die schleichende MS-Verlaufsform, PPMS, wurde als Therapieziel „No Evidence of Progression or Active Disease“, kurz NEPAD, eingeführt – also „keine Anzeichen für Progression oder eine aktive Erkrankung“. Im Prinzip gelten hier die gleichen Kriterien wie bei NEDA. Hinzu kommen aber weitere Methoden, um das Fortschreiten der PPMS zu messen:
der Timed 25-Foot Walk, um die Gehfähigkeit zu prüfen
der 9-Hole Peg Test, um die Beweglichkeit und Koordination der Arme zu bestimmen
NEDA und NEPAD werden hauptsächlich in klinischen Studien verwendet. Es lohnt sich aber, den Verlauf Deiner MS immer im Blick zu haben – durch regelmäßige MRT-Kontrollen und Tests zur Progressionsmessung. Zwischen diesen Kontrollterminen kannst du Deine motorischen und kognitiven Fähigkeiten auch selbst über das Smartphone erfassen und verfolgen, beispielsweise mit der Anwendung Floodlight® MS – integriert in die MS-Apps Brisa® und Emendia® MS.
So kannst Du gemeinsam mit Deinem Behandlungsteam schnell reagieren, wenn Deine Therapie nicht die gewünschte Wirkung zeigt.
*Quelle: 1. Kappos L et al. JAMA Neurol. 2020;77:1132-1140.
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