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Begleiterkrankungen

Erniedrigte IgG-Spiegel während der MS-Therapie

7 Minuten

Veröffentlicht am 24.04.2023  von  trotz ms Redaktion

Die B-Zell-Therapie stellt eine wichtige Behandlungsoption bei MS dar. Manchmal kann die langfristige Anwendung zu einem verringerten Wert von sogenanntem Immunglobulin G (IgG) im Blut führen. Wie kommt es dazu und was ist IgG eigentlich? Das erklären wir hier und verraten, warum ein erniedrigter IgG-Spiegel nicht gleich ein Grund zur Sorge sein muss.

Kugel rollt Bahn hinunter

Mit der B-Zell-Therapie steht eine hochwirksame Behandlungsmöglichkeit der MS zur Verfügung. Insbesondere auch für Menschen mitPPMS bedeutet sie eine entscheidende Entwicklung, denn vor Einführung der B-Zell-Therapie gab es für sie keine verlaufsmodifizierenden Therapien. In klinischen Studien sowie in der Praxis erweist sie sich seit vielen Jahren als sehr gut verträglich. Auch die bei einigen Betroffenen nach langjähriger Anwendung erniedrigten IgG-Werte im Blut stellen in den meisten Fällen erst mal keinen Grund zur Sorge dar.

Was genau sind Immunglobuline?

„Immunglobulin (Ig)“ ist ein anderer Begriff für Antikörper. Es handelt sich also um bestimmte Eiweiße im Blut, die eine wichtige Rolle imImmunsystem spielen. Man unterscheidet fünf verschiedene Klassen von Immunglobulinen: Immunglobulin A, D, E, G und M. Das Immunglobulin G (IgG) macht dabei mit etwa 75 bis 80 Prozent den größten Anteil in unserem Blut aus.

Wie Du vielleicht weißt, dienen Antikörper unter anderem der Abwehr von Krankheitserregern. Dringt ein Erreger in unseren Körper ein, werden bestimmte Abwehrzellen aktiviert, darunter auch die B-Zellen. Diese reifen zu sogenannten Plasmazellen heran, die daraufhin Antikörper, also Immunglobuline bilden.

Die B-Zell-Therapie wirkt so effektiv, weil sie die bei MS fehlgeleiteten B-Zellen aus dem Körper entfernt. Dabei richtet sie sich aber nur zielgenau gegen solche B-Zellen, die ein bestimmtes Oberflächen-Molekül auf ihrer Zelloberfläche tragen, das sogenannte CD20. Die B-Zell-Therapie wird daher auch Anti-CD20- oder B-Zell-depletierende (entfernende) Therapie genannt. Immunzellen ohne CD20 auf der Oberfläche bleiben erhalten: Aus den Stammzellen im Knochenmark entstehen weiter neue B-Zellen und die Plasmazellen bilden weiterhin Antikörper. Die Infektabwehr des Immunsystems bleibt also zu großen Teilen erhalten und der Körper ist weiterhin vor Krankheitserregern geschützt.

B-Zell Stadien

Bei langjähriger Anwendung kann es bei einigen Betroffenen jedoch zu erniedrigten IgG-Spiegeln im Blut kommen.

Was bedeuten verringerte IgG-Werte im Blut?

Immunglobuline übernehmen eine wichtige Aufgabe bei der Abwehr von Krankheitserregern. Daher könnte eine Verringerung theoretisch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infekte führen. Interessanterweise sind jedoch in klinischen Studien Infektionen während der B-Zell-Therapie häufiger bei den Betroffenen aufgetreten, deren Immunglobulin-Werte im Norm-Bereich lagen.¹ Neben Immunglobulinen gibt es weitere Bestandteile des Immunsystems, die wichtig für die Abwehr von Krankheitserregern sind, z.B. T-Zellen, Makrophagen oder die so genannten Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Verringerte Immunglobulin-Spiegel im Blut bedeuten also keineswegs gleich eine defekte Immunabwehr.

Sollten IgG-Spiegel im Blut während der MS-Therapie kontrolliert werden?

Es ist nicht vorgeschrieben, die IgG-Werte im Blut während der B-Zell-Therapie zu bestimmen. Das Kompetenznetzwerk Multiple Sklerose (KKNMS) empfiehlt jedoch, die IgG-Spiegel einmal vor Therapiebeginn und dann jährlich oder halbjährlich zu kontrollieren.² Viel wichtiger als dieser Laborwert ist aber, ob während der B-Zell-Therapie gehäuft schwere Infektionen auftreten. Das bedeutet: Bei erniedrigten IgG-Werten allein besteht in der Regel kein Handlungsbedarf. Treten aber zusätzlich gehäuft schwere Infektionen auf, können Gegenmaßnahmen erforderlich werden. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, IgG per Injektion oder Infusion zu ersetzen (IgG-Substitutionstherapie).

Vielleicht fragst Du Dich, ab wie vielen Infektionen man von einer erhöhten Infektanfälligkeit ausgehen kann. Als normal gelten zwei bis fünf Infektionen im Jahr.³ Wenn man kleine Kinder betreut, können es durchaus auch mehr sein. Entscheidend ist zudem, wie schwerwiegend die Infektionen verlaufen. Damit Du Dich an mögliche Infekte erinnerst, kannst Du diese in einem Tagebuch festhalten und sie bei Deinen Kontrollterminen mit Deinem Behandlungsteam besprechen.

Inhaltlich freigegeben: M-DE-00016157

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