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Grundlagen

MS und Hormone: Unterschiede zwischen Mann und Frau

7 Minuten

von  trotz ms Redaktion

Bei der MS gibt es im Hinblick auf die Geschlechter einige Unterschiede. Ausschlaggebend hierfür scheinen die Geschlechtshormone und deren Einfluss auf das Immunsystem zu sein. Geschlechtsabhängige Unterschiede in der Versorgung von Menschen mit MS gibt es glücklicherweise nicht. Die geschlechtersensible Medizin oder Gendermedizin gewinnt zunehmend an Bedeutung. Denn Symptome und Therapie können sich bei Frauen und Männern mit der gleichen Erkrankung unterscheiden. Auch die Verteilung von Krankheiten zwischen den Geschlechtern kann sehr unterschiedlich sein. Besonders deutlich stellt sich das bei Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose dar: 80 Prozent der Autoimmunerkrankungen treten bei Frauen auf.1 Und mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer erkranken an MS.2 Aber woran liegt das? Einen wesentlichen Anteil daran könnten die Geschlechtshormone und ihr Einfluss auf das Immunsystem haben.

Symbol Mann und Symbol Frau

Was bedeutet Gendermedizin?

Die geschlechtersensible Medizin berücksichtigt die biologischen, psychologischen und sozialen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Ziel ist es, Unterschiede in Krankheitsentwicklung, Symptomen und Behandlungsansätzen zu verstehen, um eine personalisierte und geschlechtsspezifische Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Wie unterscheidet sich das Immunsystem zwischen den Geschlechtern?

Das Immunsystem von Frauen reagiert insgesamt stärker als das von Männern. Der Vorteil: Frauen können Krankheitserreger effektiver abwehren und sind dadurch besser vor Infektionen geschützt als Männer. Gleichzeitig steigt dadurch jedoch das Risiko für Autoimmunerkrankungen wie die MS. 1 Denn diese entstehen durch eine Überreaktion des Immunsystems. Für die unterschiedlichen Reaktionen des Immunsystems bei Frauen im Vergleich zu Männern könnten die Geschlechtshormone verantwortlich sein. Denn diese können die Funktion der Abwehrzellen regulieren.3

Wie wirken Geschlechtshormone auf das Immunsystem?

Die bestimmenden Geschlechtshormone bei der Frau sind Östrogen und Progesteron, beim Mann Testosteron. Während Testosteron weitestgehend konstant vorliegt, schwanken die Konzentrationen der weiblichen Geschlechtshormone abhängig von Menstruationszyklus, Schwangerschaft und Wechseljahren.

Je nach Konzentration kann Östrogen die Immunantwort verstärken oder hemmen. Progesteron und Testosteron wirken dagegen eher anti-entzündlich. Zudem unterscheidet sich die Anzahl der verschiedenen Abwehrzellen zwischen den Geschlechtern.3

Beeinflussen die Geschlechtshormone auch die MS?

Es gibt viele Hinweise darauf, dass Geschlechtshormone auch bei der MS eine große Rolle spielen: Vor der Pubertät tritt MS nur selten auf und hier gibt es zwischen den Geschlechtern keine Unterschiede in der Häufigkeit. Während der Pubertät steigen die Spiegel der Geschlechtshormone an und Frauen erkranken etwa dreimal so häufig an MS.3 Während einer Schwangerschaft und dem damit veränderten Hormonhaushalt treten meist viel weniger MS-Schübe auf, wobei die Schubrate nach der Geburt wieder ansteigen kann – je nach Krankheitsaktivität vor der Schwangerschaft und der MS-Therapie. Nach den Wechseljahren und den damit abfallenden Mengen an weiblichen Geschlechtshormonen kann es zu einer Verschlechterung der MS-Symptome und einem Fortschreiten der MS kommen.3

Mehr über den Einfluss von Schwangerschaft und Wechseljahren auf die MS erfährst Du im Beitrag „MS – Frauen im Fokus“.

Auch bei Männern scheint das Geschlechtshormon die MS zu beeinflussen. So weisen Männer mit MS niedrigere Konzentration von Testosteron auf als die Vergleichsgruppe ohne MS. Zudem sind niedrige Testosteronspiegel bei Männern mit MS mit mehr Beeinträchtigungen verbunden.3 Derzeit prüfen Studien daher, ob die Gabe von Testosteron bei betroffenen Männern einen positiven Effekt auf die MS hat.4

MS-Verlauf bei Mann und Frau

Auch der Verlauf der MS unterscheidet sich zwischen Mann und Frau: So erkranken Frauen in jüngerem Alter häufiger an der schubförmigen Verlaufsform. Bei Männern tritt die MS in der Regel später auf und zeigt eher einen progredienten Verlauf.3 Insgesamt zeigen Männer meist ein schnelleres Fortschreiten der MS und einen höheren Verlust von Hirnvolumen (Hirnatrophie). Bei Frauen treten zwar mehr Entzündungsherde auf, sie scheinen sich jedoch von einem MS-Schub besser zu erholen als Männer.3 Wird die Diagnose MS jedoch nach dem 50. Lebensjahr gestellt, gibt es keine großen Unterschiede zwischen den Geschlechtern.3

Egal welchen Geschlechts – wichtig ist es, die MS früh und wirksam zu behandeln. Und hier gibt es zum Glück keine Unterschiede: Eine Auswertung der NationMS-Kohortenstudie zeigte, dass Frauen und Männer mit MS in Deutschland gleich gut therapiert werden.2

Inhaltlich geprüft: M-DE-00020361

*Quellen:
1 Klein SL et al. Nat Rev Immunol. 2016;16:626.
2 AMSEL | MS: Frauen und Männer gleich behandelt
3 Murgia F et al. Biomedicines. 2022;10
4 Metzger-Peter K et al. Trials. 2020;21:591

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