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Veröffentlicht am 23.02.2021 von trotz ms Redaktion
Die MS ist kein Hinderungsgrund für eine Schwangerschaft. Eine gute Planung erfordert jedoch der richtige Umgang mit Deiner MS-Therapie. Hier solltest Du unbedingt Deinen Neurologen miteinbeziehen.
Frauen mit MS können sich ihren Kinderwunsch genauso erfüllen wie andere Frauen auch. Eine mögliche Herausforderung ist – je nach MS-Therapie und Krankheitsaktivität – vor allem die Zeit ohne Behandlung während der Schwangerschaft sowie die Zeit nach der Schwangerschaft. Denn die meisten verlaufsmodifizierenden MS-Therapien sind während einer Schwangerschaft nur eingeschränkt oder gar nicht zugelassen. Zudem sollen viele MS-Medikamente bereits einige Zeit vor dem Versuch, schwanger zu werden, abgesetzt werden.
Setzen Frauen ihre MS-Therapie aufgrund eines Kinderwunschs vorübergehend ab, kann sich dadurch die Gefahr für Schübe und das Fortschreiten der Erkrankung zunächst erhöhen. Tritt eine Schwangerschaft dann allerdings zeitnah ein, so nimmt nach aktueller Studienlage das Risiko für Schübe während einer Schwangerschaft ab. In den ersten drei Monaten nach der Entbindung steigt das Schubrisiko allerdings wieder an und bei bis zu etwa 30 Prozent der Frauen tritt dann ein Schub auf. Wie hoch das individuelle Risiko für einen Schub während der Schwangerschaft tatsächlich ist, hängt unter anderem von der Krankheitsaktivität und der MS-Therapie vor der Schwangerschaft ab.
Auch wenn das Risiko prinzipiell während der Schwangerschaft gering ist, so kann es während der Schwangerschaft doch zu einem MS-Schub kommen. Ärzte behandeln diesen nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel meist mit Kortison. In Ausnahmefällen und nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung kann auch im ersten Schwangerschaftsdrittel eine Kortison-Behandlung erwogen werden. Neuere Untersuchungen bei anderen Erkrankungen geben aber Hinweise darauf, dass Kortison während der Schwangerschaft unter anderem die geistige Entwicklung des Kindes beeinträchtigen könnte.
Die klinische Studie „MS-Kinder“ an der Uni Jena in Kooperation mit der Uni Bochum untersucht aktuell, die Auswirkungen der Schubtherapie mit Kortison während der Schwangerschaft auf die Entwicklung des Kindes. Dazu untersuchen die Forscher Schulkinder (8 bis 18 Jahre), deren Mütter während der Schwangerschaft einen MS-Schub hatten und deswegen Kortison erhalten haben und Schulkinder (8 bis 18 Jahre), deren Mütter an MS leiden, jedoch kein Kortison während der Schwangerschaft erhalten haben. Untersucht werden unter anderem die kognitive und motorische Entwicklung, mögliche Verhaltensauffälligkeiten sowie die Stressempfindlichkeit der Kinder. Um eine möglichst große Zahl an Probanden zu erreichen, werden hier weiterhin Kinder gesucht (Stand: Februar 2021).
Klinische Studien finden
Auf der englischsprachigen Webseite clinicaltrials.gov findest Du alle laufenden klinischen Studien. Hier kannst Du Deine Suche nach einer bestimmten Erkrankung, einem Medikament oder einem Land, in dem die Studie stattfindet, filtern. Für die oben genannte Studie „MS-Kinder“ werden weiterhin deutschlandweit interessierte Teilnehmer gesucht (Stand: Februar 2021).
Inwiefern die MS-Therapien allerdings schädlich für das ungeborene Kind sind, ist für viele der Medikamente (noch) nicht bekannt. Ein Grund hierfür: Schwangere sind meist – aus gutem Grund – von klinischen Studien, die die Sicherheit von Medikamenten untersuchen, ausgeschlossen. Als Basis für die Empfehlungen, ob ein Medikament während der Schwangerschaft zum Einsatz kommen kann, dienen dann häufig tierexperimentelle Untersuchungen oder theoretische Überlegungen – beispielsweise ob das Medikament über die Plazenta das ungeborene Kind erreichen kann. Um das Wohl des Ungeborenen nicht zu gefährden, wird bei unzureichender Datenlage immer empfohlen, das Medikament während der Schwangerschaft nicht anzuwenden oder nur, wenn der Nutzen die Risiken klar überwiegt. Dies sollte aber natürlich immer in enger Absprache mit dem behandelnden Neurologen geschehen.
Dennoch kommt es auch unter MS-Therapien, die während einer Schwangerschaft nicht zugelassen sind, regelmäßig dazu, dass Patientinnen schwanger werden. Die Beobachtung solcher Schwangerschaften können helfen, mehr Informationen zu sammeln und damit die Beratung hinsichtlich der Therapie bei der Familienplanung zu verbessern. Hierfür gibt es seit 2006 das deutschsprachige Multiple Sklerose und Kinderwunsch Register (DMSKW). Das Register hat bereits über 2.000 Schwangerschaften dokumentiert und jährlich kommen etwa 250 Schwangerschaften hinzu. Auf der Webseite des Registers findest Du viele hilfreiche Informationen zum Thema „MS und Kinderwunsch“ sowie einige bisher bekannte Sicherheitsdaten zu verschiedenen MS-Medikamenten während der Schwangerschaft und Stillzeit. Hier kannst Du Dich bei Interesse auch registrieren, wenn Du schwanger bist oder planst, in den nächsten zwei bis drei Monaten schwanger zu werden.
Wenn Du planst, schwanger zu werden, solltest Du darüber unbedingt mit Deinem behandelnden Neurologen sprechen. Gemeinsam könnt Ihr entscheiden, wann ein guter Zeitpunkt dafür ist und wie Ihr bei der MS-Therapie vorgeht. Hier gibt es – je nach Medikament – verschiedene Möglichkeiten wie beispielsweise:
In die gemeinsame Entscheidung über die MS-Therapie während der Schwangerschaft fließen verschiedene Faktoren mit ein. So spielen Deine Wünsche bezüglich der Sicherheit eine wichtige Rolle. Berücksichtigt werden dabei auch Deine bisherige Krankheitsaktivität und ob Deine MS-Therapie während der Schwangerschaft eingesetzt werden darf.
*Quellen:
DMSKW: MS und Kinderwunsch
S2k-Leitlinie Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis Optica Spektrum und MOG-IgG-assoziierte Erkrankungen, AWMF-Register-Nr. 030-050, Konsultationsfassung, Stand: 18. August 2020.
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