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Therapie & Medikamente

DGN-Kongress 2023: MS-Therapie im Alter fortführen oder absetzen?

7 Minuten

Veröffentlicht am 19.12.2023  von  trotz ms Redaktion

Je früher die MS-Therapie beginnt, desto besser ist der Behandlungserfolg.1 Doch wie sieht es mit dem Absetzen der MS-Therapie im Alter aus, wenn sich die MS über Jahre hinweg ruhig verhält? Die Frage nach der „Deeskalation der MS-Therapie“ war eines von vielen spannenden Themen auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Ärztin redet mit zwei älteren Menschen

Dank der medizinischen Fortschritte haben Menschen mit MS heute glücklicherweise eine ähnliche Lebenserwartung wie die Allgemeinbevölkerung.2 Moderne MS-Therapien ermöglichen dabei eine über Jahre oder sogar Jahrzehnte stabile Erkrankung ohneKrankheitsaktivität. Dann stehen Betroffene gemeinsam mit dem Behandlungsteam vor der Frage: MS-Therapie absetzen oder weiterführen?

Herausforderungen der MS-Therapie im Alter

In der Regel tritt die MS im jungen Erwachsenenalter auf, weshalb klinische Studien zu MS-Therapien meist auf Betroffene im Alter von 18 bis 55 Jahren ausgerichtet sind. Wissenschaftlich basierte Daten zur Anwendung von MS-Therapien bei Menschen jenseits des 55. Lebensjahres sind daher nur begrenzt verfügbar.3 Das Auftreten von Schüben und die Krankheitsaktivität, aber auch die Wirksamkeit von MS-Medikamenten können jedoch mit dem Alter abnehmen.4 Gleichzeitig können Risiken für Nebenwirkungen, beispielsweise eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen, mit dem Älterwerden zunehmen.5 Ab einem bestimmten Punkt stellt sich also die Frage, wie sinnvoll es ist, die MS-Therapie im fortgeschrittenen Alter und bei stabiler Erkrankung fortzusetzen.

Therapiepause oder Fortsetzen bei stabiler MS?

Während einige Expertinnen und Experten eine Therapiepause im Alter bei stabiler Erkrankung vertretbar finden, warnen andere vor dem Risiko, dass die Krankheitsaktivität der MS wieder aufflammen könnte. Die MS-Leitlinie spricht keine eindeutige Empfehlung dazu aus. Hier heißt es: Bei Betroffenen, die mit moderat wirksamen MS-Medikamenten keine Krankheitsaktivität zeigen, kann nach mindestens fünf Jahren eine Therapiepause erwogen werden – wenn die Betroffenen es wünschen.5

Studien zum Absetzen der MS-Therapie

Um für die Ärzteschaft und die Betroffenen mehr Klarheit zu schaffen, prüfen Forschende die Möglichkeit und den geeigneten Zeitpunkt für ein sicheres Absetzen der MS-Therapie. Allerdings deuten die Ergebnisse der ersten kontrollierten Studien darauf hin, dass auch ältere Menschen von der Fortführung der MS-Therapie profitieren.

So wurde die DOT-MS-Studie nach einer Zwischenanalyse vorzeitig abgebrochen, da bei den Teilnehmenden nach dem Absetzen vermehrt neue MS-Schübe und Entzündungsherde auftraten. Bis zum Abbruch wurden in die Studie 95 Menschen mit MS aufgenommen, die seit mindestens fünf Jahren keine Schübe oder Krankheitsaktivität zeigten. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: 45 setzten ihre MS-Therapie ab, während die anderen sie fortsetzten. Bei sechs der 45 Teilnehmenden in der Absetz-Gruppe kehrte die Krankheitsaktivität durchschnittlich neun Monate nach dem Absetzen der MS-Therapie zurück. Im Gegensatz dazu blieben alle Teilnehmenden, die ihre MS-Therapie fortsetzten, stabil. Die Studie richtete sich zwar nicht explizit an ältere Menschen mit MS, dennoch betrug das Durchschnittsalter etwa 53 Jahre.6

Die DISCOMS-Studie widmete sich dagegen gezielt dem Absetzen der MS-Therapie bei älteren Menschen mit MS. Insgesamt nahmen 259 Betroffene ab einem Alter von 55 Jahren teil, die seit mindestens fünf Jahren keine MS-Schübe und seit drei Jahren keine neuen Entzündungsherde aufwiesen. Die MS-Diagnose lag im Schnitt über 20 Jahre zurück. Die Teilnehmenden wurden ebenfalls in eine Absetz-Gruppe und eine Gruppe, die ihre MS-Therapie weiterführen, aufgeteilt. In der Absetz-Gruppe traten bei 12,2 Prozent innerhalb von zwei Jahren erneut MS-Schübe oder neue bzw. wachsende Entzündungsherde im Gehirn auf. Bei den Teilnehmenden, die ihre MS-Therapie weiterführten, waren es dagegen nur 4,7 Prozent. Somit ergeben sich Hinweise darauf, dass zumindest bei einem Teil der Betroffenen die Krankheitsaktivität wieder aufflammt, wenn sie ihre MS-Therapie absetzen.3 Beide Studien beschäftigten sich vornehmlich mit dem Absetzen von moderat wirksamen MS-Therapien.3, 6

Was bedeuten diese Studienergebnisse nun? Herr Prof. Dr. Gold vom Katholischen Klinikum Bochum sprach auf dem DGN die Empfehlung aus, die Therapie auch im Alter beizubehalten – sofern es keine guten Gründe für das Absetzen gibt. Daher ist es wichtig, dass Du mit Deinem Behandlungsteam im Austausch bleibst. Gemeinsam könnt Ihr die für Deine individuelle Lebenssituation passende Entscheidung treffen.

Inhaltlich geprüft: M-DE-00019726

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