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Simone, PPMS-Betroffene, 53 Jahre

Erfahrungsberichte

Mehr Lebensqualität durch meinen Rollstuhl

6 Minuten

Veröffentlicht am 22.10.2020  von  Simone

Mit dem Gedanken, durch meine MS irgendwann möglicherweise auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein, konnten meine Familie und ich uns lange nicht anfreunden. Doch inzwischen haben wir gelernt: Als Hilfsmittel eröffnet er mir viele Wege, die ich früher nicht hätte gehen können.

Wie ich schon in einem früheren Artikel geschrieben habe, akzeptiert unser Sohn zwar meine Stöcke zum Laufen und kennt mich auch gar nicht mehr anders, aber dass ich einen Rollstuhl gebrauchen könnte, war für ihn lange indiskutabel. Und um ganz ehrlich zu sein, auch bei mir war eine Hürde vorhanden.

MS-Patientin Simone im Garten

Die Barriere im Kopf

Als mein Mann mir vor ein paar Jahren vorgeschlagen hat, mich mit Stöcken vorwärts zu bewegen, war ich sofort bereit, das einmal auszuprobieren. Doch ein Rollstuhl war für mich vielleicht auch deshalbe eine Barriere, weil man darin dann tatsächlich nicht mehr „auf Augenhöhe“ mit seiner Umgebung ist. Manchmal steht man sich einfach selbst im Weg.

Umdenken eröffnet Möglichkeiten

Im Herbsturlaub vor einem Jahr habe ich dann festgestellt, dass es mir nicht mehr reicht, nur bis zu einem gewissen Punkt unserer Ausflugsziele mitkommen zu können, wie zum Beispiel zu einem Minigolfplatz. Oder irgendwo bei einem Kaffee zu warten, bis mein Mann und unser Sohn wieder von einer spaßigen Aktivität zurückkommen. Auf einmal wollte ich unbedingt dabei sein.

Das war dann der Wendepunkt, an dem ich beschlossen habe, dass ich nicht nur einen Rollstuhl brauche, sondern dass ich einen Rollstuhl will. Ich glaube, ich musste diesen Prozess durchmachen, um zu dieser Entscheidung zu kommen.

Akzeptanz schaffen

Da unser Sohn einem Rollstuhl noch so ablehnend gegenüberstand, haben wir ihm klargemacht, dass wir dadurch in Zukunft viel mehr miteinander unternehmen könnten – vor allem sogar er und ich gemeinsam, völlig ohne von anderen abhängig zu sein.

Um ihm den Rollstuhl sympathischer zu machen, hat der Rahmen meines Rollstuhls nun eine Lackierung in seiner Lieblingsfarbe und auch mein Sitzkissen ist rot.

So viel wie möglich aktiv bleiben

Letzten Sommer habe ich endlich meinen Rollstuhl bekommen und wir haben ihn im Urlaub sofort sehr oft benutzt. Ich laufe nach wie vor mit meinen Stöcken, soweit es geht. Aber bei weiteren Strecken sitze ich im Rollstuhl, der auch eine Vorrichtung hat, sodass ich die Stöcke immer mitnehmen kann.

MS-Patientin Simone im Rollstuhl

Auf zu neuen Abenteuern

Größere Menschenansammlungen, wie beispielsweise in einer Innenstadt, machen mir jetzt nichts mehr aus, denn ich muss mich nun nicht mehr darauf konzentrieren, nicht umzufallen, falls ich einmal angerempelt werde.

Auch unser Sohn sieht den Rollstuhl inzwischen positiv. Erstens findet er es sehr gut, dass wir jetzt fast alles zusammen unternehmen können und zweitens hat er mir gesagt, dass ich nun viel entspannter wirke. Das liegt wohl daran, dass das Laufen mit den Stöcken nicht nur körperlich, sondern vor allem konzentrationsmäßig viel anstrengender ist – zum Beispiel bedingt durch den ständigen, konzentrierten Blickkontakt zum Boden. Und schließlich sind wir jetzt gemeinsam auch einfach viel schneller.

Was mir ganz wichtig ist: Ich will auch weiterhin mit meinen Stöcken so viel gehen wie möglich. Aber der Rollstuhl erweitert meinen Bewegungsradius ungemein und bringt mir dadurch sehr viel Lebensqualität.

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

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