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Alltag & Umgang

Tabuthemen brechen: Realtalk mit Inkluencer Chris

9 Minuten

Veröffentlicht am 06.11.2023  von  trotz ms Redaktion

Chris überwindet Barrieren: Dazu zählen physische Hürden genauso wie die in den Köpfen mancher Menschen – manchmal auch in seinem eigenen. Auf Veranstaltungen in ganz Deutschland sowie in den sozialen Netzwerken macht er sich für Realtalk stark: für offene Kommunikation rund um Tabuthemen, vor allem mentale Gesundheit.

Inkluencer Chris

Keine falsche Scham: sich selbst nicht so ernst, aber annehmen

„Ich hab ein Rad ab! Guck mal, wie schön es rollt!“, scherzt Chris und setzt noch ein „Huiii“ hinterher. Im Sommer 2020 hat ein MS-Schub den damals 29-Jährigen in den Rollstuhl „geschubst“. Dieser neuen Situation direkt mit Humor zu begegnen, war zu Beginn noch undenkbar. „Das war eine totale Katastrophe. Am Anfang habe ich mich geschämt“, erinnert sich Chris. Heute sieht das ganz anders aus: „Ich habe meine Perspektive mithilfe des Rollstuhls um einen Meter nach unten verlagert – physisch betrachtet. Auch im übertragenen Sinne hat sich dabei mein Blickwinkel auf das Leben gewandelt“, erzählt er.

Auch im Sitzen steht Chris für sich ein, sogar stärker als früher. Kurz nach seiner MS-Diagnose nimmt er über soziale Medien Kontakt zu Menschen auf, die auch mit chronischen Erkrankungen leben. Er postet zu Themen, über die noch zu wenig gesprochen wird. Mit der wachsenden Anzahl an Menschen, die er erreicht, wird Chris zum Inkluencer (zusammengesetzt aus den Begriffen Influencer und Inklusion). Er schafft Sichtbarkeit für die Bedarfe und Bedürfnisse von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie MS und/oder Behinderungen.

Zusammenhalt, Verständnis und Unterstützung unter Betroffenen: neue Erfahrungen für Chris

Als Chris zum ersten Mal neue, digital geknüpfte Bekanntschaften persönlich trifft, ist er aufgeregt. Die Gedanken überschlagen sich. Doch die Nervosität verfliegt schnell. „Es dauert bei so einem Treffen oft nicht einmal eine Minute, bis ich merke: Auch wenn wir uns gerade zum ersten Mal sehen, sind wir uns trotzdem so vertraut. Dann wirkt es so, als ob wir lange befreundet sind. Dieses Gefühl ist echt irre. Deswegen mache ich so etwas super, super gerne“, schwärmt Chris. Durch seine Aktivitäten in der trotz ms Community hat er Menschen kennen- und schätzen gelernt, mit denen er andernfalls möglicherweise nicht in Kontakt gekommen wäre.

Der Austausch und einfach gemeinsam Zeit zu verbringen, schafft für ihn großen Mehrwert. 2022 besucht er zum ersten Mal trotz ms DIE ROADSHOW – und beschließt kurzerhand, mit auf Tour zu gehen. „Das Besondere: Bei trotz ms DIE ROADSHOW wird nicht über Betroffene gesprochen, sondern mit uns Betroffenen. Ich finde sehr wichtig zu zeigen, wie vielfältig die trotz ms Community ist. Ich bin als Rollstuhlfahrer dabei. Sonst sieht man oft nur ‚Zweibeiner‘, wie ich sie gerne nenne. Es ist wichtig, dass nicht nur Menschen präsent sind, bei denen die Erkrankung unsichtbar ist, die vermeintlich gesund wirken. Sichtbarkeit und Inklusion von Menschen, denen bestimmte Einschränkungen auch anzusehen sind, sind wichtig, um die Realität abzubilden“, betont Chris.

„Bei der Roadshow habe ich Erinnerungen gesammelt, die ich nicht mehr missen möchte!“

Aus dem Schatten ins Scheinwerferlicht: Sichtbarkeit für Tabuthemen bei MS

Einfach er selbst sein und genau dafür angenommen werden – dieses Gefühl des Ankommens kannte Chris lange Zeit nicht. Hilfe anzunehmen ist nicht immer leicht für ihn – selbst, wenn sie ihm zusteht. Manchmal möchte er Aufgaben lieber unabhängig bewältigen.

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In anderen Situationen nimmt er nicht direkt wahr, dass er gerade Hilfe braucht. So zum Beispiel bei der Entlassung aus der Klinik nach seinem ersten MS-Schub. Anstatt nach Hause zu fahren, packte ihn der Bewegungsdrang. Chris begab sich zum Bahnhof, stieg in einen Zug, war die ganze Nacht lang unterwegs und konnte einfach nicht zur Ruhe kommen. Am nächsten Tag realisierte er, dass es ihm guttäte, Unterstützung anzunehmen. Er will lernen, die neue Situation und Erkrankung zu bewältigen. Daraufhin nahm Chris Kontakt zu einer psychosomatischen Klinik auf und begab sich in die erste Behandlung. Inzwischen lässt er sich darüber hinaus ambulant therapeutisch unterstützen.

„Ich möchte andere empowern, auch offen damit umzugehen, was sie durchmachen.“

Bei seinen Ärztinnen, Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten fühlt Chris sich gut aufgehoben und nimmt die professionelle Unterstützung in Anspruch. Auch solche Einblicke teilt Chris offen auf seinen Social-Media-Kanälen. „#realtalk könnte unter jedem meiner Beiträge stehen. Ich spreche an, wozu sich bisher noch wenige äußern. Dazu gehört die Psyche“, erklärt Chris: „Dabei bin ich komplett transparent. Vielleicht kann ich manchen Menschen aus der Seele sprechen, die es selbst (noch) nicht können.“

Die ganze Reportage mit Chris‘ Einblicken findest Du in trotz ms DAS MAGAZIN #12. Dort erfährst Du, …

  • … wie der Inkluencer sich immer wieder selbst aufs Korn nimmt, um das Eis im persönlichen Austausch zu brechen.
  • … wie der Rollstuhl als Hilfsmittel seinen Aktionsradius erweitert.
  • … wie Chris mit Mitleid oder übergriffigen Kommentaren umgeht.
  • … welche Erlebnisse ihn bei trotz ms DIE ROADSHOW bewegt und nachhaltig beeindruckt haben.

Unter Infomaterial findest Du trotz ms DAS MAGAZIN #12 mit Chris auf dem Cover zum Herunterladen oder Abonnieren. >>>

Inhaltlich geprüft: M-DE-00019096

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