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Jennie, MS-Betroffene, 43 Jahre

Erfahrungsberichte

Was ist ein MS-Schub? Was passiert da? Wie kannst Du damit umgehen?

7 Minuten

Veröffentlicht am 24.09.2020  von  Jennie

Sobald ich neue oder verstärkte Symptome meiner MS entdecke, frage ich mich: Ist das ein nächster Schub? Wie geht es jetzt weiter? Inzwischen weiß ich, wie ich einen Schub erkenne und was zu tun ist. Im Folgenden versuche ich Dir zu erklären, was eigentlich ein Schub ist und wie ich die medizinischen Hintergründe und Zusammenhänge verstanden habe. Dabei versuche ich den Sachverhalt so einfach und doch so genau wie möglich darzustellen. Das alles erfolgt unter dem Motto „Von Betroffenen für Betroffene“ erklärt – denn ich bin kein Arzt.

Die medizinische Definition besagt: Wenn neue MS-Beschwerden auftreten oder bereits bekannte sich deutlich verstärken, länger als 24 Stunden anhalten und der letzte Schub mindestens 30 Tage zurückliegt, deutet das auf einen neuen Schub hin. Symptome, die nur für kurze Zeit auftreten, sind in der Regel alte, ausgebrannte Entzündungsherde. Davon muss man den sogenannten Pseudoschub abgrenzen. Dieser kann zum Beispiel durch durch Hitze, einen Infekt, Stress oder eine andere Reizung des Immunsystems verursacht werden.

Karikatur von MS-Betroffener Jennie

Wenn neue Symptome auftreten

Neue Symptome deuten meist auf ein aktuelles Entzündungsgeschehen, einen sogenannten MS-Schub, hin. Du solltest in jedem Fall mit Deinem Neurologen abklären, ob eine Kortison-Stoß-Therapie erfolgen sollte. Je dauerhafter und schwerer ein Schub ist, je schwerer können die möglichen Schädigungen der Nervenzellen sein und umso bleibender und schwerer sind möglicherweise auch die folgenden Behinderungen.

Was passiert bei einem Schub?

Bei einem Schub gelangen falsch programmierte Immunzellen durch die Blut-Hirn-Schranke ins zentrale Nervensystem (das ZNS). Dort können sie eine Entzündungsreaktion auslösen. Dabei wird beispielsweise die Myelinscheide (die Isolierung der Nervenzellen) angegriffen. Die Reizweiterleitung wird gestört.

(Wie) Kündigt sich ein Schub an?

Jede MS ist anders. Man sagt: „Jeder Erkrankte hat seine eigene MS“. Die Verläufe und Symptome sind vielfältig. Auch jeder Schub ist anders. Ein paar Mal hatte ich das Gefühl, im Vorfeld zu merken, dass sich ein Schub ankündigt. Ein anderes Mal kamen die Symptome über Nacht. Eines Morgens fühlte sich zum Beispiel mein halbes Gesicht taub an (so wie nach einer Betäubung vom Zahnarzt) und Sprach- und Gedächtnisstörungen waren plötzlich stärker. Ein andermal konnte ich plötzlich nur doppelt- und dreifach sehen und habe geschielt. Du siehst also, Verlauf und Auftreten lassen sich nicht vorhersagen.

Wie äußert sich ein Schub?

MS ist „die Krankheit der 1.000 Gesichter“. Da das Gehirn vielfältige Aufgaben hat, können natürlich auch die Symptome äußerst vielfältig sein. Sehr häufige und wohl die bekanntesten sind: Sehstörungen, Gang- und Koordinationsstörungen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Schwindel, Schluckbeschwerden, Blasenstörungen, Taubheitsgefühle in den Gliedmaßen, Empfindungsstörungen, totale Mattigkeit und schnelle Erschöpfbarkeit (Fatigue), Sprachstörungen, Muskelkrämpfe und Gleichgewichtsstörungen.

Aber keines dieser Symptome deutet eindeutig auf MS oder auf einen Schub hin. Sie können auch andere Ursachen haben!

Ist jede MS durch Schübe gekennzeichnet?

Nein! Man unterscheidet grob drei verschiedene Verlaufsformen:

  • Zu Beginn der Erkrankung verläuft sie bei 85 % der Betroffenen schubförmig (rezidivierende-remittierende MS, kurz: RRMS).
  • Im Laufe des Lebens geht der schubförmige Verlauf meist in einen fortschreitenden über. Die sogenannte sekundär chronisch progrediente Verlaufsform (SPMS) zeigt im Krankheitsverlauf keine deutlichen Schübe.
  • Bei der schleichend fortschreitenden, Primär Progredienten Form (PPMS) gibt es überhaupt keine Schübe. So verläuft sie bei etwa 15 % der Menschen mit MS.

Der Umgang mit einem neuen MS-Schub

Hast Du Den Verdacht, dass bei Dir ein Schub vorliegt, solltest Du das umgehend mit Deinem Neurologen abklären. Ist der Schub ärztlich bestätigt, erfolgt normalerweise eine Kortison-Stoß-Therapie (in der Regel wird über mehrere Tage hinweg hochdosiertes Kortison intravenös verabreicht). Das Kortison soll die Entzündung im ZNS umgehend zum Stillstand bringen.

Du solltest einen Schub nicht aussitzen und darauf warten, dass dieser ohne Medikamentengabe abklingt. Je länger die Entzündung dauert, umso schwerer können die Folgen sein. Sonst kann sich die akute Entzündung gegebenenfalls ausbreiten und weitere Beschwerden und Behinderungen verursachen.

Das ist individuell sehr unterschiedlich, bei jedem Menschen und bei jedem Schub anders. Meine Reaktion darauf: eine Kortison-Stoß-Therapie, etwas mehr „Schongang“ und keine anstrengenden (sportlichen) Aktivitäten während eines Schubs. Aber, so gut es eben geht, weitermachen und den Kopf nicht hängen lassen – wird schon wieder werden!

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

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