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Nicole, MS-Betroffene, 47 Jahre

Erfahrungsberichte

Die Zukunft voller Fragezeichen bei MS

10 Minuten

Veröffentlicht am 12.11.2020  von  Nicole

Am Anfang nach meiner MS-Diagnose schien die Welt für mich nur noch grau. Doch im Laufe der Zeit kam wieder Farbe in mein Leben. Ich habe gelernt, mich mit der Situation zu arrangieren – Es bleibt einem ja schließlich auch nichts anderes übrig.

Das A und O

Am wichtigsten ist mir die gute Betreuung von meinem Neurologen und, dass ich das für mich am besten geeignete Medikament bekomme, um meine MS im Zaum zu halten. Natürlich ist es das oberste Gebot, die Medikamente auch regelmäßig einzunehmen. Zu meinem großen Erstaunen höre ich aber immer wieder von Menschen mit MS, die das nicht tun! Sie vergessen sie oder sagen sich, es wäre nicht so schlimm. Da fehlen mir die Worte. Das käme für mich niemals infrage. Ich fühle mich für meine Gesundheit verantwortlich und bin dankbar dafür, dass ich ein Mittel bekommen kann, dass mir helfen soll.

Hilfe annehmen

Eine Reha kann uns Menschen mit MS dabei unterstützen, auch in Zukunft noch aktiv am Arbeitsleben teilnehmen oder bei Erwerbsunfähigkeit den Alltag besser meistern zu können. Auch ich habe jetzt eine Reha beantragt – nach elf Jahren. Damit habe ich meiner Ansicht nach leider viel zu lange gewartet. Nach langem Hin und Her wurde sie jetzt bewilligt. In meinem letzten Beitrag habe ich Euch von meinen Erfahrungen berichtet.

In der Reha gibt es wertvolle Tipps und Anwendungen zur Verbesserung der Mobilität. Wer es benötigt, erhält Hilfen in der Logopädie gegen Sprechstörungen und Ergotherapie für die Feinmotorik der Hände, was für mich sehr wichtig ist. Gerade alltägliche Dinge wie Zwiebeln schneiden und Kartoffeln schälen dauern bei mir ewig und sind sehr anstrengend für mich. Auch das Schreiben ist für mich eine Qual. Unter größter Anstrengung und Schmerzen reicht es nur noch für eine Geburtstagskarte. Auch das Schriftbild lässt zu wünschen übrig. Ich denke, wenn man jetzt nichts dagegen macht, sondern abwartet, wird es nicht besser. Im Gegenteil – dann ist es vielleicht zu spät und man sagt sich: „Hätte ich doch nur früher reagiert!“ Ich finde es persönlich wichtig, jede Hilfe anzunehmen, die dazu beiträgt, den Alltag auch in Zukunft besser meistern zu können.

Aktiv mit MS – auch in Zukunft

Ich bin früher immer gerne mit dem Rad unterwegs gewesen. Mit der Zeit wurde es mir aber viel zu anstrengend, also blieb es im Keller und ich zu Hause auf dem Sofa, während mein Mann mit dem Rad unterwegs war – kein schönes Gefühl! Er sagte zu mir: „Wir schauen jetzt mal nach einem E-Bike, damit Du auch wieder mitfahren kannst.” Das fand ich total süß. Am Anfang dachte ich, das wäre nur etwas für alte Menschen und wusste daher nicht so recht, was ich davon halten sollte. Aber erst einmal auf dem Rad gesessen, wollte ich gar nicht mehr herunter. Es stellt eine enorme Erleichterung für mich dar – Wahnsinn. Ich schalte den Motor nur dazu, wenn mich die Kraft gerade einmal verlässt. Alleine diese Gewissheit zu haben, dass es Unterstützung gibt, verleiht mir das Gefühl von Sicherheit und Freiheit. Wir fahren jetzt oft mit dem Rad. Es ist so toll in der Natur: Die frische Luft und die Bewegung tun mir echt gut. Auch für meine Motorik und Psyche ist es ein toller Beitrag, was besonders bei MS sehr wichtig ist. So kann auch ich in Zukunft aktiv am Leben teilnehmen und meinem Hobby weiter nachgehen.

MS-Patientin Nicole auf dem Fahrrad

Gut geplant ist halb gewonnen

Als wir vor acht Jahren umgezogen sind, habe ich das Thema „Leben mit MS“ bei unserem Architekten angesprochen, denn ich finde, dass man im Voraus denken muss, weil die Zeit so schnell vergeht. Also haben wir unsere Türen behindertengerecht, einen Meter breit, bauen lassen. Auch die Dusche wurde so konstruiert, dass ich sie gegebenenfalls irgendwann mit dem Rollstuhl nutzen könnte, auch wenn ich hoffe, dass das nicht nötig sein wird. Unser Treppenhaus wurde so vermessen, dass nachträglich leicht ein Treppenlift montiert werden könnte. Es ist ein komisches Gefühl, behindertengerecht zu bauen aber: Besser so, als umgekehrt.

Kleine Gabe große Hilfe

Außerdem habe ich eine Zusatzpflegeversicherung abgeschlossen, die im schlimmsten Fall – wenn ich pflegebedürftig werden sollte – meinen Mann monatlich finanziell unterstützen würde. Denn Pflege kann kostspielig werden. Der Beitrag, den ich zahle, ist gering. Ich hoffe zwar so sehr, dass wir die Versicherung nie in Anspruch nehmen müssen, aber: Sicher ist sicher. Man gibt so viel Geld für Dinge aus, die man nicht unbedingt braucht. Da finde ich es wichtiger, die Angehörigen für so einen Fall abzusichern. Sehr wichtig ist für mich auch, eine Patientenverfügung zu verfassen. Das werde ich als nächstes in Angriff nehmen.

Die Zukunft kann kommen: Alt werden mit MS

Durch meine vorausschauende Planung habe ich jetzt ein ruhiges Gefühl. Ich bin zufrieden mit mir selbst, meine Medikament nehme ich regelmäßig ein und alle Vorsorgeuntersuchungen wahr. Damit habe ich mein Möglichstes getan und lege in Gottes Hand, wie es weitergeht. Ich genieße jetzt das Leben mit meiner Familie und vor allem mit meiner kleinen Enkelin, die das Leben für mich lebenswert macht! Sie ist die Zukunft für mich und sie macht mich stark, um weiter zu kämpfen trotz MS.

Enkel der MS-Patientin Nicole

Bis bald

Eure Nicole

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

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