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Nicole, MS-Betroffene, 48 Jahre

Erfahrungsberichte

Unterstützung bei MS suchen und annehmen

8 Minuten

Veröffentlicht am 21.10.2021  von  Nicole

Ich habe meinen Haushalt immer alleine gestemmt, mir machte putzen sogar Spaß. Ich liebe es, wenn alles strahlt und blinkt, das Gefühl der Reinheit ist einfach total schön für mich. Ich will mich in meinem Zuhause einfach wohl fühlen. Ich finde dagegen ist auch nichts einzuwenden.

Das bisschen Haushalt

Als wir frisch verheiratet waren und unsere Tochter geboren wurde, ging ich in meiner Rolle als Hausfrau und Mutter total auf. Ich liebte es, die Fenster zu putzen, die Vorhänge zu waschen, abstauben, saugen, waschen, kochen und und und. Einfach alles, was man so zu erledigen hat. Für mich war auch selbstverständlich, das Essen immer pünktlich auf dem Tisch stehen zu haben, wenn mein Mann von der Arbeit kommt. Ich liebte es, in der Adventszeit immer für die ganze Verwandtschaft zu backen, sogar mehrere Sorten. Ich wollte perfekt sein, was für mich auch völlig in Ordnung war. Als unsere Tochter zur Schule ging, fing ich an, in einer Bäckerei zu arbeiten. Ich verließ im Morgengrauen schon das Haus, aber nie ohne das Geschirr abgespült oder Essen für Mittag vorgekocht zu haben. Für mich war das selbstverständlich und normal, mir war nichts zu viel.

Die MS nahm mir meine Arbeit

Als sich die MS bei mir bemerkbar machte, klappte alles zunächst weiterhin noch ganz gut. Ich war einfach fit und funktionierte. Im Laufe der Zeit machte sich die MS aber immer mehr bemerkbar. Ich hatte öfters Schübe, die mich in die Knie zwangen und mich in die Reha brachten. Meine Gedanken kreisten immer um Zuhause, was nicht zu meiner Entspannung beitrug. Ich spürte, dass ich die Arbeit in der Bäckerei nicht mehr schaffte und musste – zu meinem größten Bedauern – kündigen! Ich liebte diesen Beruf. Der Umgang mit den Menschen war meine Erfüllung. Also suchte ich mir einen Mini-Job in einer Pizzeria. Ich half in der Küche und bediente. Es gefiel mir sehr, aber nach einiger Zeit merkte ich, dass ich auch das körperlich nicht mehr schaffte. Ich wollte arbeiten und unter Leute kommen, also fing ich für nur einige Stunden in einem Lebensmittelmarkt an der Kasse an. Ich war glücklich, endlich wieder am Leben teilnehmen zu können, ein Teil des Ganzen zu sein. Leider war die Freude nicht von langer Dauer. Ich hatte einen heftigen Schub mit einer Sehnerventzündung. Mein Neurologe legte mir nahe, die Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Ich weinte und fühlte mich nutzlos.

Mein Arzt riet mir, zukünftig kürzer zu treten. Die Schübe kommen in immer kürzeren Abständen und man weiß nie, was beim nächsten zurück bleibt. Schweren Herzens gab ich meine Arbeitsstelle auf und war jetzt nur noch Hausfrau. Ich schämte mich sehr lange zu sagen, dass ich Rentnerin bin, da ich ja noch sehr jung war.

Nicole im Bett

Es reichte ihr nicht, sie zog alle Energie aus mir

Ich gewöhnte mich daran, aber im Laufe der Zeit merkte ich immer mehr, dass ich schnell erschöpft bin, wenn ich meine Hausarbeiten erledigte. Ich brauchte für alles fast doppelt so lange. Oft wachte ich morgens auf und war noch unendlich müde. Ich gab es lange nicht zu. Ich wollte es mir einfach nicht eingestehen, dass es Begleiterscheinungen der MS sind. Ich, die immer alles schaffte, konnte auf einmal nicht mehr allein ihren Haushalt erledigen. Ich und eine Haushaltshilfe – nie im Leben! Ich wurde eines Besseren belehrt. Ich merkte, dass es mir immer schwerer fiel, die Arbeiten zu erledigen. Ich war oft müde und legte mich hin. Ich dachte: „Es hilft nichts, hole Dir endlich Hilfe!”

Mein Engel war in Reichweite

Es dauerte eine Weile, bis ich eine Adresse bekam, da ich ja nicht überall erzählen wollte, dass ich das alles nicht mehr allein schaffe. Heute weiß ich: falsche Scham! Mir war es am Anfang sehr peinlich, als die Dame zu mir kam. Bei mir war es nicht unordentlich oder so. Es war die Scham, dass mir jemand anderes meine Wohnung putzen soll. Ich sprach mein Problem offen an. Mittlerweile haben wir ein fast freundschaftliches Verhältnis. Ich sage immer: Du bist mein Engel. Ich bin so dankbar für die Hilfe. Ich putze trotzdem meine Fenster selbst und bügle und koche, aber es ist für mich viel einfacher, da ich mehr Kraft für diese Aufgaben habe. Ich finde auch, die MS fühlt sich damit besser an und gibt mehr Ruhe.

Viele MS-Betroffene merken ja, dass die Kraft nicht mehr so vorhanden ist wie früher, die Fatigue einem die Energie raubt und man regelmäßige Ruhepausen benötigt. Viele der MS-Betroffenen kennen das Gefühl der abnormen Erschöpfbarkeit. Scheut Euch nicht und holt Euch Hilfe. Es kommt Eurer Gesundheit zugute.

Bis bald
Eure Nicole

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