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Therapie & Medikamente

Können Bluttests den MS-Verlauf vorhersagen?

8 Minuten

Veröffentlicht am 07.02.2018  von  Onmeda

Können Ärzte bald mit einem einfachen Bluttest voraussagen, wie eine MS-Erkrankung verlaufen wird und ob eine Behandlung anschlägt? Ja, sagen Forscher aus Norwegen. Der Bluttest könnte zukünftig die Magnetresonanztomografie ersetzen.

Blood geschrieben mit Pasta

Können Ärzte bald mit einem einfachen Bluttest voraussagen, wie eine MS-Erkrankung verlaufen wird und ob eine Behandlung anschlägt? Ja, sagen Forscher aus Norwegen. Der Bluttest könnte zukünftig die Magnetresonanztomografie ersetzen.

Der Verlauf einer multiplen Sklerose (MS) lässt sich vielleicht bald anhand eines Nerveneiweißes im Blut vorhersagen. Seine Konzentration könnte zuverlässig anzeigen, ob die Krankheitsaktivität abflaut oder eine Behandlung Wirkung zeigt. Dies berichten Forscher der Universität Bergen in Bergen. Bislang überwachen Neurologen den Verlauf einer MS vor allem mittels Magnetresonanztomografie (MRT).

Die Methode gilt als Standard, um neue Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark von MS-Patienten aufzuspüren und sichtbar zu machen. Der Bluttest sei einfach, kostengünstig und in Zukunft möglicherweise eine Alternative zu den Bildern aus dem Nervensystem. Die Studienergebnisse veröffentlichten die Forscher im renommierten Fachblatt Neurology, Neuroimmunology and Neuroinflammation.

Sterbende Nervenzellen setzen Eiweiß frei

Von einer klinischen Anwendung ist der Test allerdings noch relativ weit entfernt. An der kleinen Studie nahmen lediglich 85 Probanden teil, die unter schubförmig-remittierender MS litten. Alle Patienten befanden sich in einem vergleichsweise frühen Stadium der Nervenerkrankung. Im Schnitt lag die Diagnose erst zwei Jahre zurück.

Die Forscher überwachten die Krankheitsaktivität etwa zwei Jahre lang. In den ersten sechs Monaten erhielten die MS-Patienten keine krankheitsmodifizierenden Medikamente. In den folgenden 18 Monaten wurden alle mit dem Wirkstoff Interferon beta-1a behandelt. Diese Medikamente reduzieren die Anzahl der Schübe und wirken neuen Entzündungsherden im Gehirn entgegen.

In den ersten neun Monaten der Studie unterzogen sich die Patienten jeden Monat einer Magnetresonanztomografie. Danach folgten wieder MRT-Aufnahmen nach dem ersten und zweiten Jahr. Zudem entnahmen die Forscher Blutproben zu Beginn der Studie, dann nach drei und sechs Monaten sowie im ersten und zweiten Jahr.

Im Blut der MS-Patienten bestimmten sie den Spiegel der sogenannten "neurofilament light chain". Dieses Eiweiß ist ein natürlicher Bestandteil von Nervenzellen. Sie setzen es frei, wenn das fehlgeleitete Immunsystem die schützenden Nervenhüllen attackiert und die Neuronen absterben. Das Protein lässt sich im Blut und in der Rückenmarksflüssigkeit nachweisen.

Taugt der Biomarker zur zuverlässigen Vorhersage?

Die Forscher wiesen nach, dass erhöhte Werte des Nerveneiweißes im Blut eng mit dem Auftreten neuer Schäden im Gehirn – den sogenannten Läsionen – verknüpft waren. Dagegen sank der Spiegel des Proteins, sobald die MS-Patienten mit einer Behandlung ihrer Schübe begannen. Somit könnte die Konzentration dieses Eiweißes im Blut zuverlässig Rückschlüsse auf die Krankheitsaktivität bei schubförmig-remittierender MS zulassen, hoffen die Forscher.

"Die multiple Sklerose verläuft individuell so unterschiedlich, dass es bisher kaum möglich ist, den Verlauf und das Fortschreiten der Nervenerkrankung vorherzusagen", erklärt Kristin Varhaug, die Erstautorin der Studie. Zudem sei es schwierig herauszufinden, wie MS-Patienten auf eine Behandlung reagieren. "Ein Biomarker wie dieser wäre sehr hilfreich, um präzisere Vorhersagen machen zu können." Der Bluttest sei womöglich eine kostengünstige Alternative zur Magnetresonanztomografie, um die Aktivität der MS zu überwachen, so Varhaug. Auch für Menschen, die Platzangst haben und sich vor der engen MRT-Röhre fürchten, sei der Bluttest eine neue Möglichkeit.

Allerdings würden einige Faktoren die Aussagekraft der Studie einschränken, betonen die Autoren: So wurden die Studienteilnehmer zum Beispiel viel häufiger per MRT untersucht, als dies im Rahmen der normalen Krankheitskontrolle der Fall ist. Zudem hatten nicht alle MS-Patienten tatsächlich einen neuen Schub, obwohl sie im Beobachtungszeitraum neue Entzündungsherde im Gehirn entwickelten. In folgenden Studien wollen die Forscher die MS-Patienten über einen längeren Zeitraum beobachten.

Multiple Sklerose verläuft schubförmig oder fortschreitend

Es gibt keine einheitliche Verlaufsform bei multipler Sklerose, die auf alle Patienten zutrifft. Typisch für das Frühstadium sind Schübe, die rund 70 Prozent aller Betroffenen erleben. Die Symptome beginnen plötzlich und ohne erkennbaren Grund, dauern einige Tage bis Wochen an und klingen dann wieder ab. Zwischen den Schüben können Wochen, Monate oder sogar Jahre vergehen. Diese Form bezeichnen Ärzte als schubförmig-remittierende MS.

Bei manchen Betroffenen geht der schubförmige in einen fortschreitenden Verlauf über (sekundär progrediente MS). Bei etwa zehn Prozent aller MS-Patienten schreitet die multiple Sklerose von Beginn an fort. Dann sprechen Neurologen von primär progredienter MS.

Quellen:

Varhaug, KN et al.: Neurofilament light chain predicts disease activity in relapsing-remitting MS. Neurology, Neuroimmunology and Neuroinflammation (Januar 2018)

Online-Information der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG): www.dmsg.de (Abrufdatum: 26.1.2018)

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

*Quelle: www.onmeda.de

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