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Begleiterkrankungen

Fatigue bei MS: Elektroden lindern die Erschöpfung

7 Minuten

Veröffentlicht am 18.10.2017  von  Onmeda

Eine Fatigue beeinflusst den Alltag von Patienten mit multipler Sklerose erheblich. US-Forscher testeten jetzt eine neue Methode, welche die lähmende Erschöpfung deutlich verbessern könnte: Elektroden auf dem Kopf stimulieren eine bestimmte Gehirnregion.

Mann liegt auf Tisch

Elektrische Gehirnstimulation könnte bei Fatigue helfen.

Fatigue ist ein häufiger Begleiter bei Patienten mit multipler Sklerose (MS). Rund 75 Prozent der MS-Patienten fühlen sich nach Schätzungen von Ärzten dauerhaft matt, schwach, energie- und antrieblos. Die unerklärliche Erschöpfung lähmt ihren Alltag: Sie bremst die Lebensfreude, mindert die Lebensqualität und macht eine Berufstätigkeit oft unmöglich. Dabei hat die Fatigue nichts mit jener Müdigkeit gemeinsam, die ein gesunder Mensch nach einem anstrengenden Tag erlebt. Kennzeichnend für sie ist, dass selbst ausreichender Schlaf und regelmäßige Ruhepausen keine Erholung bringen.

Was tun bei Fatigue? Eine aktuelle US-Studie fand jetzt einen neuen Ansatz, der MS-Patienten zukünftig helfen könnte: eine Form der elektrischen Gehirnstimulation, die ohne Eingriff ins Gehirn auskommt. Lauren Krupp, eine der Studienautorinnen, erklärt: "Fatigue ist eines der häufigsten Symptome bei MS und bislang gibt es keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten."

Fatigue "wegblasen" mittels Elektroden auf dem Kopf

Die Forscher von der New York University (USA) untersuchten bei 27 Studienteilnehmern mit multipler Sklerose die Wirksamkeit der sogenannten transkraniellen Gleichstromstimulation (engl. transcranial direct current stimulation, tDCS). Diese Technik hatte sich schon in früheren Untersuchungen als wirksam gegen kognitive Einschränkungen bei multipler Sklerose erwiesen. Die Probanden platzieren die Elektroden selbstständig unter Videoanleitung des Arztes über ein Headset auf der Kopfhaut. Der schwache elektrische Strom zielt auf eine bestimmte Gehirnregion ab, den präfrontalen Kortex. Forscher vermuten schon länger, dass dieses Gehirnareal eine Rolle bei der Fatigue und den kognitiven Beschwerden spielt.

Unter den Versuchtsteilnehmern erhielten 15 MS-Patienten die Gehirnstimulation und zwölf lediglich eine Schein-Behandlung (Placebo). Alle absolvierten ein kognitives Trainingsspiel, welches das Arbeitsgedächtnis und die Verarbeitungsgeschwindigkeit des Gehirns erhöhen sollte: an fünf Tagen pro Woche für jeweils 20 Minuten von zu Hause aus. Nach 20 Sitzungen sollten sie die Schwere ihrer Fatigue anhand eines Fragebogens auf einer Skala mit 32 Punkten einschätzen.

Patienten mit schwerer Fatigue profitieren am meisten

In der Gruppe, die sich der elektrischen Gehirnstimulation unterzogen hatte, stellten die Forscher fest, dass sich die Beschwerden durch die Fatigue im Vergleich zur Placebogruppe deutlich verringert hatten. Im Durchschnitt sank die chronische Erschöpfung um 5,6 Punkte. Bei den MS-Patienten mit Placebo-Behandlung stieg die Fatigue dagegen um 0,9 Punkte. Am meisten profitierten jene Patienten von der Gehirnstimulation, die anfangs die heftigsten Fatigue-Beschwerden hatten.

Daneben hatte auch die Anzahl der Trainings einen Einfluss auf die Fatigue. 20 Sitzungen zeigten mehr Wirkung als zehn Einheiten, die in einer früheren Studie getestet worden waren. "Die Daten lassen hoffen, dass wir mit der elektrischen Gehirnstimulation MS-Patienten mit Fatigue besser helfen können", sagt die Studienleiterin Leigh Charvet. "Eine kontinuierliche Behandlung bringt vielleicht noch bessere Ergebnisse." Ein Pluspunkt sei außerdem, dass Patienten die Stromtherapie zu Hause durchführen können.

Die Forscher raten MS-Patienten allerdings streng davon ab, sich freiverkäufliche Stimulationsgeräte zuzulegen. Diese Art der Behandlung sei aktuell nur unter ärztlicher Aufsicht im Rahmen von Studien zu empfehlen.

Behandlung bisher unbefriedigend

Unklar ist bislang, wie die elektrische Gehirnstimulation genau wirkt. Forscher vermuten, dass sie die Erregbarkeit des Hirns erhöht. Dadurch können die Nervenzellen leichter "feuern". Auch die Verbindungen zwischen den Neuronen verstärkten sich und das Lernen werde gefördert. Jetzt sollen größere Studien mit mehr Probanden folgen, um die Ergebnisse zu erhärten. Die ersten Resultate seien jedoch vielversprechend, so die Studienautoren.

Die Behandlung der Fatigue bei MS fußt derzeit auf mehreren Komponenten der Behandlung. Individuell auf den Patienten abgestimmt, können sie die Erschöpfungszustände zumindest teilweise und vorübergehend bessern. Ärzte setzen in der Therapie der Fatigue auf Module wie Medikamente, etwa gegen Narkolepsie, auf körperliches Training und Sport sowie auf Verhaltenstherapie. Nicht bei jedem MS-Patienten bringen diese Therapien aber ausreichenden Erfolg.

Quellen:

Charvet, LE et al.: Remotely supervised transcranial direct current stimulation for the treatment of fatigue in multiple sclerosis: Results from a randomized, sham-controlled trial. Multiple Sclerosis Journal (2017)

Online-Information der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG): www.dmsg.de (Abrufdatum: 6.10.2017)

*Quelle: www.onmeda.de

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