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Bewegung & Kognition

Sport bei MS: Schützt Krafttraining die Nerven?

7 Minuten

Veröffentlicht am 20.09.2017  von  Onmeda

Sport wirkt sich positiv auf die Symptome bei multipler Sklerose aus. Das ist bekannt. Vielleicht kann körperliche Aktivität aber noch viel mehr: Krafttraining könnte das Gehirn schützen und das Fortschreiten der multiplen Sklerose drosseln. Darauf deutet eine neue Studie hin.

Sportkleidung

Laut einer neuen Studie kann Sport das Voranschreiten der MS verlangsamen

Früher rieten Ärzte Patienten mit multipler Sklerose (MS) von Sport ab, weil sie befürchteten, die Nervenerkrankung könne sich dadurch verschlimmern. Ruhe und Schonung waren deshalb angesagt. Dieser Ratschlag gilt längst als überholt, denn Menschen mit MS dürfen und sollen sogar Sport treiben und körperlich aktiv sein. Das Training lindert die Symptome und verbessert die Mobilität.

Jetzt fanden Forscher der dänischen Aarhus University, des Aarhus University Hospitals, der University of Southern Denmark und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf in einer Studie heraus, dass Sport vielleicht noch viel mehr bewirkt: Ein gezieltes Krafttraining könnte das Gehirn und die Nervenzellen von MS-Patienten schützen und so vielleicht das Fortschreiten der multiplen Sklerose bremsen.

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im renommierten Fachblatt „Multiple Sclerosis Journal“. Die Untersuchung zeige, dass das Krafttraining nicht nur die MS-Symptome bessere, sondern zusätzlich eine Reihe positiver Effekte auf das Gehirn habe, so die Wissenschaftler. Diese gingen weit über jene hinaus, die sich durch eine effektive, krankheitsspezifische Behandlung erzielen ließen. „Die Studie liefert erste Hinweise darauf, dass körperliche Aktivität tatsächlich einen gewissen Schutz fürs Nervensystem bei MS bietet“, erklärt der Neurologe Prof. Ulrik Dalgas von der Aarhus University.

Sport schützt vielleicht das Gehirn bei MS

An der vergleichsweise kleinen Studie nahmen 35 Personen mit multipler Sklerose teil, die als Therapie alle Interferon-beta erhielten und unter leichten bis mittelschweren Behinderungen litten (Expanded Disability Status Scale EDSS-Score 2 bis 4). Die Hälfte der Probanden absolvierte zweimal wöchentlich ein Krafttraining, während die anderen ihren normalen Alltag ohne Sportprogramm lebten. Vor und während der sechsmonatigen Studiendauer unterzogen sich alle MS-Patienten einer Magnetresonanztomographie des Gehirns, bei dem die Forscher Folgendes bestimmten:

  • das Ausmaß der Läsionen
  • das Gesamtgehirnvolumen
  • die prozentuale Veränderung des Gehirnvolumens
  • die Dicke der Gehirnrinde

Bekannt ist, dass das Gehirnvolumen von MS-Patienten deutlich schneller abnimmt, als dies bei Gesunden der Fall ist. MS-Medikamente können diesen Prozess bis zu einem gewissen Maß bremsen. Bei der Analyse der Gehirnbilder entdeckten die Forscher, dass das Gehirn jener Probanden, die ein halbes Jahr lang Krafttraining gemacht hatten, deutlich weniger geschrumpft war als das der Nichtsportler.

Und noch einen anderen erstaunlichen Effekt des Trainings beobachteten sie: „Einige kleinere Gehirnbereiche begannen infolge des Training wieder zu wachsen“, sagt Neurologe Dalgas. Dass die körperliche Aktivität auch einen schützenden Effekt auf das Gehirn von Patienten mit MS habe, sei eine neue und wichtige Erkenntnis. Bislang wusste man nur, dass Sport MS-Patienten zumindest nicht schadet und zum Beispiel ihre Mobilität, die Gehfähigkeit, Muskelkraft und aerobe Kapazität verbessert sowie das Ausmaß der Fatigue lindert – also der chronischen Erschöpfung, unter der viele Betroffene leiden.

Gründe für die Wirksamkeit des Trainings noch unklar

Noch haben die Forscher keine Erklärung dafür, warum die körperliche Aktivität das Gehirn der MS-Patienten so positiv beeinflusst. Deshalb soll jetzt eine größere und umfassendere Studie die Zusammenhänge genauer klären. Das Ziel sei nicht, bewährte Medikamente durch körperliches Training zu ersetzen, betonen die Forscher. Medikamente abzusetzen und stattdessen Sport zu treiben sei keine realistische Möglichkeit. „Allerdings ist das systematische körperliche Training vielleicht eine viel wichtigere Ergänzung zu den bestehenden Therapien als bislang gedacht“, sagt Neurologe Dalgas. „Diesen Aspekt müssen wir sorgfältig prüfen.“

Unklar ist derzeit noch, ob alle Menschen mit MS vom Krafttraining gleichermaßen profitieren. Bislang wurde dies nicht ausreichend an Patienten untersucht, die schwerer von der Nervenkrankheit betroffen sind. Kein MS-Patient sollte sich deshalb auf eigene Faust einem intensiven Krafttraining im Fitnessstudio unterziehen, ohne sich zuvor professionell von einem Arzt beraten zu lassen, raten die Forscher.

Quelle: Kjølhede, T. et al.: Can resistance training impact MRI outcomes in relapsing-remitting multiple sclerosis? Multiple Sclerosis Journal (2017)

*Quelle: www.onmeda.de

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