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Lea, MS-Fachkraft, 30 Jahre

Erfahrungsberichte

Wenn das Gehirn nicht mehr so will wie Du

5 Minuten

Veröffentlicht am 22.12.2021  von  Lea

„Ich kann mir nicht mehr so viel auf einmal merken!“ Das ist eine sehr verbreitete Aussage von MS-Betroffenen mit Kognitionsstörungen. Bestimmt ist es einigen von Euch auch schon mal so ergangen. In diesem Beitrag gehe ich näher darauf ein, welche Auswirkungen die Multiple Sklerose auf unser Gehirn und seine Funktionen haben kann und was wir dagegen unternehmen können.

Kogni-was? Kognition!

Aber zuerst einmal: was bedeutet dieses komplizierte Wort „Kognition“ denn eigentlich? Das lateinische Wort „cognitio“ steht für „Erkenntnis“ und ist ein allgemeiner Begriff für die komplexen Prozesse und die Speicherungen von Informationen im Gehirn. Bei der Multiplen Sklerose ist die Kommunikation der Nervenzellen durch die Entzündungen und Vernarbungen der Nervenbahnen gestört und die Reizweiterleitung ist verlangsamt. Je nach Lokalisation dieser Schädigungen kommt es zu kognitiven Defiziten in unterschiedlichen Bereichen:

  • Wahrnehmungsstörungen (Sehen, räumliche Wahrnehmung, Hören, Spüren)
  • Aufmerksamkeitsstörung (Langes Konzentrieren und mehrere Dinge gleichzeitig merken, Multitasking)
  • Gedächtnisstörungen (Erinnerungsvermögen)
  • Denkstörungen (Problemlösen und sprachliche Ausdrucksweise)
  • Sprachstörungen

Häufig werden diese Defizite nicht erkannt, da sie nicht so offensichtlich sind wie zum Beispiel Lähmungserscheinungen oder Störungen der Koordination. Auch Depressionen und Fatigue (Erschöpfungssyndrom) sind sehr häufige MS-Symptome und wie die Kognitionsstörungen unsichtbare Symptome der Multiplen Sklerose.

Auch schon in frühen Stadien einer MS, wie bei einem CIS (Klinisch isoliertes Syndrom), können solche Defizite möglicherweise festgestellt werden. SPMS-Betroffene (sekundär progrediente Multiple Sklerose) sind in der Regel häufiger und stärker von Kognitionseinschränkungen betroffen.

MS-Nurse Lea macht sich Notizen während eines Kognitionstests

Wie können wir Kognitionsstörungen vorbeugen?

Bei jedem Menschen kann das Gehirn ein gewisses Maß an Schädigung ausgleichen, da das Gehirn lernt, die zu verarbeitenden Informationen umzuleiten. Sich im Alltag nicht mehr so viel merken zu können oder Probleme, sich zu konzentrieren – auch dies kann eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität bedeuten. Indem man frühzeitig Kognitionstraining und/oder Ausdauersport betreibt, kann man im Gehirn weitere Verknüpfungen schaffen und beugt der Entwicklung kognitiver Defizite vor.

Es ist normal, dass mit dem Altern eines Menschen fast alle Zellen im Körper ihre Funktionen verlieren – auch die Nervenzellen, mit der Folge, dass das Hirnvolumen sich verringert. MS-Betroffene haben in der Regel einen schnelleren Verlust an Hirnvolumen. Mittels Kernspintomographien kann man das Hirnvolumen heutzutage beurteilen sowie die kognitiven Defizite mit Hilfe von neuropsychologischen Testungen erfassen und dokumentieren. Diese sollten in den jeweiligen neurologischen Praxen und Zentren einmal jährlich durchgeführt werden. Hierbei werden die Schnelligkeit der Informationsverarbeitung, das verbale und visuell-räumliche Kurzzeitgedächtnis, die Lernfähigkeit, Aufmerksamkeit und die Multitasking- Fähigkeit getestet.

Mein Tipp an alle Betroffenen: Sprecht mit Eurem Behandlungsteam über solche Defizite, um diese auch erfassen zu können. Versucht Euch, im Alltag Ziele zu setzen und Euch kognitiv zu fordern, legt aber dennoch ausreichend Pausen und Erholungsphasen ein.

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