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Veröffentlicht am 04.09.2018 von Anna
In meiner täglichen Arbeit mit MS-Betroffenen, begegne ich immer wieder Menschen mit Kognitionsstörungen. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff? Ganz einfach: Kognition ist abgeleitet von lateinisch „cognoscere“ und bedeutet so viel wie „erkennen“, „erfahren“ oder „kennenlernen“. Man kann Kognition in unterschiedlichen Zusammenhängen verwenden. Häufig wird mit dem Begriff Bezug auf die Informationsverarbeitung von Menschen und anderen Systemen genommen. Oft ist mit Kognition auch das Denken in einem umfassenden Sinn gemeint.
Meine Erfahrungen als MS-Nurse zeigen: Eine Kognitionsstörung zu diagnostizieren, ist nicht ganz einfach. Sie hängt von vielen Faktoren ab oder wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Das können Depression, Fatigue, bestimmte Medikamente sowie Schlafstörungen und hirnorganische Veränderungen sein.
In Deutschland leiden 8,1 Prozent in der Allgemeinbevölkerung an Depressionen, dabei sind Frauen mit 10,2 Prozent und Männer mit 6,1 Prozent betroffen. Häufig kombiniert mit einer Fatigue.
Etwa 75 Prozent der MS-Patienten sind von Fatigue betroffen. Diese wird durch mehrere Faktoren ausgelöst: Vor allem Schlafstörungen können den Schweregrad der Fatigue verstärken.
Verschiedene Medikamente können sich auf das Denkvermögen auswirken. Darunter auch solche, die bei der Symtomtherapie von MS Patienten zum Einsatz kommen. Falls Du selbst oder Deine Angehörigen etwas bemerken, sprich direkt mit Deinem behandelnden Arzt.
Etwa 25 bis 54 Prozent der MS-Patienten haben Schlafstörungen unterschiedlicher Ausprägung. So neigen etwa 40 Prozent zu Schlaflosigkeit und 58 Prozent zu frühzeitigem Erwachen. Außerdem kommen nächtliche Bewegungsstörungen bei MS-Erkrankten häufiger vor. So ist das Restless-Legs-Syndrom unter MS-Betroffenen um zwei bis fünfmal häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Daneben können Atemerkrankungen wie Atemaussetzer, die Nachtruhe stören.
Kognitive Störungen bei MS können zum Beispiel folgende sein:
Wir alle kennen das: Schon allein das Wort „Test“ kann Angst machen. Wenn also der Arzt, Psychologe oder die MS-Nurse sagt: „Wir machen einen Kognitionstest“, wird man als Patient in eine „Prüfungssituation“ gedrängt. Wie früher in der Schule bekommt man vielleicht sogar etwas weiche Knie. Ein für mich besseres Wort für Test ist Untersuchung, dann fühlt man sich nicht so auf dem Prüfstand. Oder was denkt Ihr?
Weitere Faktoren, die das Testergebnis beeinflussen können, sind:
Um eine Kognitionsstörung „beobachten“ zu können, ist es wichtig, schon bei der Diagnosestellung einen kognitiven Status zu erheben. Denn viele Patienten nehmen nach der MS-Diagnose viele Symptome schneller und intensiver wahr als vor der Diagnose. Sie beobachten ihren Körper danach viel wachsamer als früher.
Das kenne ich auch von mir selbst, ich verdränge oder ignoriere vieles: Ziepen, Bizzeln und auch, dass man mal vergisst, was auf dem Einkaufszettel steht, den man zu Hause hat liegen lassen. Das ist ganz normal. Doch als Betroffener sollte man hier aufmerksam sein und sich die Frage stellen: „War das vor der Diagnose auch schon so? Oder ist das neu?“
Schämt Euch bitte nicht für Eure Kognitionsstörungen. Nehmt sie viel eher in Angriff und arbeitet daran.
Zudem ist es erforderlich, die Gehirnstrukturen möglichst von Anfang an zu erhalten. Das heißt, eine frühzeitige Behandlung der MS beeinflusst nicht nur das Fortschreiten der Erkrankung, sondern ist auch zum Erhalt der Kognition sehr wichtig. Außerdem können verschiedene Aktivitäten und Tätigkeiten die kognitiven Fähigkeiten fördern und das Selbstvertrauen stärken:
Mein Tipp: Fragt einfach bei Eurem Neurologen oder Eurer MS-Schwester nach einer Kognitionsuntersuchung und nehmt dieses Ergebnis erstmal als „Ausgangswert“ hin. Wenn sich über die Jahre hinweg etwas verändert, sollte das unbedingt mit dem Neurologen besprochen werden.
Was ich Euch noch mit auf den Weg geben möchte: Gebt Euch nicht auf und zweifelt nicht! Unser Hirn ist wahnsinnig leistungsfähig und kann auch trotz MS viele Dinge neu erlernen. Vor allem findet es sehr viele Kompensationsmechanismen. Bildlich gesprochen: Unser Hirn ist wie ein Autobahnnetz – wenn es einen Stau gibt, sucht es sich einen anderen Weg.
Eure Anna
Quellen:
Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220
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