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Andrea, MS-Betroffene, 37 Jahre

Erfahrungsberichte

Überforderung nach der Diagnose: Stell Dir Dein „Team of Trust“ zusammen

17 Minuten

Veröffentlicht am 05.09.2019  von  Andrea

MS ist bekanntlich die Krankheit der 1.000 Gesichter. Mindestens genauso viele Wege gibt es, diese zu behandeln und mit ihr den weiteren Weg in Deinem Leben zu gehen. Ich persönlich finde es unglaublich hilfreich, wenn man im Hintergrund Spezialisten und Experten hat, die einem auf diesem Weg mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich nenne mein Spezialistenteam gerne mein persönliches „Team of Trust“. Wie ich meines gefunden habe, teile ich Dir in diesem Beitrag mit. Dabei ist es mir ganz wichtig hervorzuheben, dass mein Weg nicht Deiner sein muss – sondern eben nur einer von 1.000 und mehr. Gerne möchte ich Dich dazu ermutigen innezuhalten und mal zu schauen, wie es um Dein „Team of Trust“ bestellt ist. Vielleicht gibt es den für Dich den einen oder anderen AHA-Moment, der Dir einen Shortcut – eine Abkürzung – erlaubt ;-)

Wie der eine oder andere ja schon aus meinen bisherigen Beiträgen weiß, war die MS-Diagnose 2006 für mich kein Schock. Durch meine Mama war ich mit der Krankheit bestens vertraut und somit hatte ich auch nicht dieses „Ende der Welt“-Gefühl. Was sich allerdings schon erstmal als Herausforderung darstellte, war das Suchen und Finden der richtigen Ärzte und sonstiger Experten.

Vertraute suchen: Mein persönliches „Team of Trust“

Hier ein kurzer Überblick zu den wichtigsten Punkten, die mein „Team of Trust“ ausmachen:

  • Ich habe vollstes Vertrauen in die fachliche Kompetenz.
  • Ich erhalte vollständige und keine einseitigen Informationen.
  • Mir werden durchaus auch unangenehme Seiten und blinde Flecke aufgezeigt.
  • Ich kann ausführlich Vor- und Nachteile von verschiedenen Wegen diskutieren.
  • Ich habe den Eindruck, dass meine Meinung zählt und ich mich nicht verstellen muss.
  • Ich werde als Mensch mit einer komplexen Geschichte gesehen.
  • Ich muss mich für meine Entscheidungen nicht rechtfertigen.
  • Die Verantwortung bleibt immer bei mir.

Eine Gruppe von Menschen legt die Hände übereinander

Das mit der Verantwortung ist dabei ein ganz entscheidender Faktor für mich. Ich vergleiche meine persönliche Reise und meine Gesundheit immer gerne mit einem Autorennen: Dabei bin ich der Fahrer und sitze am Steuer. Gerne lasse ich mich von Experten beraten, lasse die Karosserie pimpen, such mir den besten Sprit und hole mir Tipps und Unterstützung aus allen Richtungen. Trotzdem gibt es mein Auto und meine Reise nur genau einmal und niemand anders hat dafür die Verantwortung als ich selbst. Dabei ist für mich mein Bauchgefühl immer wieder ein wichtiger Faktor. Dieses hat meist durch viele Informationen und zuvor erfolgte Beratungen und Erfahrungen auch genügend Orientierung, um mit schnell Impulse zu geben.

Wer unterstützt mich in meinem Leben mit MS?

Für alle, die es kurz und knackig wollen, kommt hier schon mit Spoileralarm die Zusammensetzung meines aktuellen Teams:

  • Hausärztin
  • Neurologe mit Fokus Schulmedizin
  • Neurologe mit Fokus Homöopathie
  • Psychotherapeutin
  • Heilpraktikerin & Yogalehrerin
  • Pool an professionellen Coaches

So habe ich mein „Team of Trust“gefunden: Die Wahl des Neurologen

2006 ging ich für die Untersuchungen auf Raten meines Hausarztes noch in eine Spezialklinik in einer anderen Stadt. Doch nach der Diagnose war mir klar, dass ich einen Neurologen in meiner Nähe brauche. Wer mich kennt, der weiß, dass das damals definitiv nicht mein Ding war. Denn bis dahin habe ich es tunlichst vermieden, überhaupt zum Arzt zu gehen. Ich war ja auch nie krank. Zumindest nicht so sehr, als dass ich dachte, es wäre nötig einen Arzt aufzusuchen.

Nun ja. Jetzt war es soweit: Ein Neurologe sollte her. Hier wurde ich erstmal mit einem verletzten Ego und Befindlichkeiten von Seiten des ersten Arztes konfrontiert. Er konnte (oder wollte) nicht verstehen, warum ich die Diagnosestellung nicht bei ihm gemacht habe. Damals war ich noch nicht so gefestigt, wie ich es heute bin. Doch bereits da merkte ich sehr schnell, dass dies definitiv nicht die Art von Zusammenarbeit sein wird, die ich mir wünschte. Denn sorry, aber um wen sollte es hier gerade gehen? Ah ja, genau – mich.

Bei der Behandlung soll es um mich gehen und nicht um meinen Arzt.

Nach einigen weiteren Terminen und Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis fand ich dann einen wirklich kompetenten Neurologen, der allerdings auch einige Fahrzeit weg war. Ich fühlte mich dort sehr gut aufgehoben und wurde auch gut begleitet. Zur damaligen Zeit (2006 – 2014) stand meine MS und die damit einhergehende ärztliche Behandlung nicht ganz oben auf meiner Prio-Liste und so lief das eher ganz nebenbei. Es gab auch keine größeren Zwischenfälle, außer den ein oder anderen „leichten“ Schub, der mit einem Kortison-Stoß wieder gut eingefangen werden konnte.

Den Hausarzt meines Vertrauens finden

Diese lockere Handhabe änderte sich aber schlagartig mit dem sehr heftigen MS-Schub im Jahr 2014, der mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezog. Auf einmal war alles anders. Es hatte sich ja auch schon in den Monaten zuvor angekündigt. Rückblickend bin ich davon überzeugt, dass ich schon seit Ende 2013 in einem nicht diagnostizierten Burn-out unterwegs war.

Gerade in dieser Zeit hatte ich Glück im Unglück. Mein damaliger Hausarzt wanderte aus, sodass ich eine neue Hausärztin suchte. Unglück, weil mein genialer Hausarzt weg war, Glück, weil eine unfassbar kompetente neue Hausärztin in mein Leben kam. Sie hat mich vor allem während und kurz nach dem schweren Schub unterstützt und tut es bis heute. Somit ist sie die erste Besetzung meines „Team of Trust“.

Der Kick-off: Wie ich mich auf die Suche nach Unterstützung machte

Der heftige Schub 2014 war somit nicht nur der Beginn meiner Yoga- und Coaching-Reise, sondern eben auch der Kick-off in Sachen Zusammenstellen meines „Team of Trust“. Durch mein Mama-Sein hatte ich mich in den Jahren zuvor schon etwas intensiver mit alternativen Heilmethoden auseinandergesetzt. Ich suchte mit meinem Sohn den ein oder anderen Heilpraktiker auf und beschäftigte mich stärker mit Homöopathie. Nie als exklusiven Weg, sondern immer in Kombination mit der klassischen Schulmedizin.

Als die MS dann wohl oder übel so sehr präsent in meinem Leben wurde, schlug ich auch hier neue Wege ein. Im Sommer 2014 machte ich mich auf die Suche nach entsprechender Unterstützung und wurde auch nach einiger Zeit fündig, teilweise auch auf Empfehlung meiner Hausärztin hin. Daran erkennt man meiner Meinung nach auch einen guten Arzt: Er erkennt seine eigenen Grenzen und hat oft sehr gute Empfehlungen für die Weiterbehandlung oder ergänzende Spezialisten.

So suchte ich einige Zeit nach meinem Schub einen Neurologen auf, der auch homöopathisch behandelt. Er begleitet mich bis heute. Zudem hatte ich das Glück, einen neuen schulmedizinischen Neurologen zu finden, der auch alternativen Methoden gegenüber offen ist und dies nicht kategorisch ablehnt – denn das ist mir leider auch schon begegnet. Für mich ist die Kombination aus alternativen und klassischen schulmedizinischen Methoden sehr stimmig. Auch hier entscheide ich vieles nach Informationsgesprächen dann letztendlich nach meinem Bauchgefühl. (Dazu könntest Du Dir übrigens bei Gelegenheit meinen Vlog-Beitrag „No Drama, Baby: Mein Umgang mit Schüben“ ansehen).

Meine Psychotherapeutin begleitet mich ebenfalls

Außerdem ließ ich mich damals im Sommer 2014 auch auf die Warteliste einer Psychotherapeutin setzen. Nach einigen Wochen konnte ich bei ihr Termine wahrnehmen und fand somit ein weiteres Teammitglied. Ich finde es übrigens sehr schade, dass diese Art von Betreuung oft noch einen negativen Touch hat und hoffe sehr, dass die Berührungsängste immer weniger werden. Für Ärzte ist es oft schwierig, in der kurzen Zeit ausreichend Zeit für den Patienten aufzubringen, um auf alle Bedürfnisse und Fragen einzugehen. Aus meiner Sicht kann eine Psychotherapie dies sehr gut ergänzen und sollte bei Bedarf ganz ohne komischen Beigeschmack in Anspruch genommen werden.

Mittlerweile stehe ich ja besser denn je in meiner Kraft. Dennoch nehme ich immer noch begleitende Termine wahr. Zwar mit viel größeren Abständen – aber mal ehrlich: Irgendwas ist doch immer los, bei dem man dankbar ist, neutrale Denkanstöße von außen zu erhalten. Auch wenn die MS gerade nicht das vorherrschende Thema ist.

Wertvolle Unterstützung durch einen Coach

Für den Wiedereinstieg in den beruflichen Alltag nach dem heftigen Schub im Jahr 2014 hat mir mein ehemaliger Arbeitgeber angeboten, mir einen Coach an die Seite zu stellen. Wirklich eine ganz großartige Sache und an dieser Stelle nochmal ein großes Danke an alle Arbeitgeber, die solche Maßnahmen für ihre Mitarbeiter bei Bedarf organisieren.

Ich habe dieses Angebot mehr als dankend angenommen und es hat mir unglaublich geholfen, meinen Weg zu finden. Zeitlich parallel zu diesem Coaching habe ich damals ja meine Yogalehrer-Ausbildung begonnen und wo das dann alles hingeführt hat, wisst ihr ja ;-). Auch hier ist eine der Ausbilderinnen (sie ist außerdem auch Heilpraktikerin) immer noch fester Bestandteil meines „Team of Trust“.

Je nach Thema wende ich mich an den passenden Coach.

Der Business-Coach ist mittlerweile zwar nicht mehr in meinem direkten„Team of Trust“, Coaching an sich aber schon. Hier habe ich das Glück durch meine Ausbildung auf einen ganzen Pool an kompetenten Coaches zugreifen zu können. Diese nehme ich auch immer wieder gerne in Anspruch, je nachdem welches Thema mich gerade beschäftigt – auch in Sachen MS und Krankheitsbewältigung.

Denn auch wenn man selbst als Coach unterwegs ist, ist es unglaublich hilfreich, sich selbst immer wieder auf seiner Reise begleiten und Impulse geben zu lassen sowie seine blinden Flecke zu entlarven – egal ob mit oder ohne MS.

Mein Tipp: Investiere in Dich und Deine Gesundheit

Klingt erstmal nach einer langen, zeitaufwändigen Reise und einem recht großen Team. Es war auf jeden Fall ein Prozess und das Schöne ist, dass ich ja nicht immer alle brauche und je nach Thema schaue, wer gerade der richtige Ansprechpartner ist.

Den Einsatz bin ich mir wert.

Eines noch: Vieles davon wird von den (gesetzlichen) Krankenkassen übernommen, manches aber auch nicht. Aber ganz ehrlich: Das bin ich mir wert – sowohl finanziell als auch zeitlich gesehen. Denn Gesundheit ist ein brillantes Lebensgefühl, ob mit oder ohne MS. Und mein „Team of Trust“ trägt maßgeblich dazu bei, mit diesem brillanten Gefühl durchs Leben zu gehen.

Mein Fazit und Appell an Dich: Gib Dir Zeit beim Zusammenstellen Deines Teams. Hör auf Dein Bauchgefühl und scheue Dich auch nicht davor, in Dich und Dein Team zu investieren. Das solltest Du Dir wert sein. Denn Du bist das wertvollste in Deinem Leben!

In diesem Sinne: Flow on & namasté

Deine Andrea

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