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Therapie & Medikamente

Wie wird ein Medikament zugelassen?

7 Minuten

Veröffentlicht am 15.11.2017  von  trotz ms Redaktion

Die Behandlung von MS hat bereits große Fortschritte gemacht. Um die medikamentöse Therapie auch in Zukunft weiterhin in ihrer Wirkung und Sicherheit zu verbessern, werden immer wieder neue Wirkstoffe erforscht. Bevor ein neues Arzneimittel auf den Markt kommt, durchläuft es einen aufwendigen Zulassungsprozess.

Ja oder nein

Zulassung ja oder nein? Bis diese Frage für ein neues Medikament beantwortet werden kann, vergeht viel Zeit.

Zuständige Behörden – wer entscheidet?

Nachdem eine klinische Studie die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines neuen Wirkstoffes belegt hat, beantragt der Hersteller die Zulassung des Medikaments bei den zuständigen Behörden. Für eine Zulassung in Deutschland sind diese Behörden das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Meist reicht der Hersteller den Antrag aber direkt bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein, damit das Medikament in allen EU-Ländern zur Verfügung stehen kann. In der EMA übernimmt das sogenannte CHMP (Committee for Human Medicinal Products, deutsch: Ausschuss für Humanarzneimittel) die wissenschaftliche Bewertung des Zulassungsantrags. Das CHMP setzt sich aus Wissenschaftlern verschiedener EU-Mitgliedsstaaten zusammen. Sie bestimmen bei jedem Antrag zunächst zwei Zulassungsbehörden aus den Mitgliedsländern. Diese übernehmen die Verantwortung bei der Beurteilung des Zulassungsantrags und schreiben den Bewertungsbericht. Sie werden in ihrer Aufgabe als Rapporteur und Co-Rapporteur bezeichnet.

Genau nach Plan: Der Zulassungsprozess

Hat der Hersteller den Zulassungsantrag bei der EMA eingereicht, folgt die Zulassung einem festen Zeitplan:

  • Tag 0: Ist der Antrag vollständig und in formal richtiger Form gestellt, beginnt mit Tag 0 das Zulassungsverfahren.
  • Tag 80: Rapporteur und Co-Rapporteur beurteilen den Antrag hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments. Sie schreiben dazu jeweils einen Bewertungsbericht (Critical Assessment Report), der an das CHMP und den Antragsteller geht.
  • Tag 120: Das CHMP übergibt dem Antragsteller eine Liste mit Rückfragen zu seinem Zulassungsantrag (List of Questions). Das Verfahren wird angehalten (der sogenannte „Clock Stop“) und der Antragsteller hat nun in der Regel 3 Monate Zeit, die ihm gestellten Fragen schriftlich zu beantworten. Wenn ihm die Zeit nicht ausreicht, kann er beantragen, den Zeitraum um 1-3 Monate zu verlängern.

Zulassungsprozess 1

  • Tag 180: Das CHMP diskutiert die Antworten und neu eingereichten Unterlagen des Antragstellers. Wenn es weitere Rückfragen gibt, erhält der Antragsteller am Tag 180 die Liste der noch offenen Fragen (List of Outstandig Issues), die beantwortet werden müssen – und bei Bedarf eine Einladung zur Oral Explanation. Bei Letzterer hat der Antragsteller die Gelegenheit, dem CHMP persönlich noch offene Fragen zu beantworten und die Fakten zu erläutern. Für die Beantwortung der Tag-180-Fragen gibt es wieder einen sogenannten Clock Stop, der in der Regel einen Monat dauert.
  • Tag 210: Das CHMP erteilt eine positive oder negative Empfehlung zur Zulassung (CHMP Opinion): Bei negativer Empfehlung wird das Medikament nicht zugelassen; fällt sie positiv aus, ist es bis zur tatsächlichen Zulassung nicht mehr weit. In der Regel vergehen ab der CHMP Opinion ca. 67 Tage, bis das Medikament für den europäischen Markt zugelassen wird. In der Zeit zwischen der Empfehlung und der Erteilung der Zulassung werden die Informationstexte des zuzulassenden Medikaments in alle EU-Amtssprachen übersetzt. Diese Informationstexte fassen alle wesentlichen Eigenschaften des Medikaments zusammen und dienen u. a. als Grundlage für die spätere Fach- und Gebrauchsinformation.
  • Tag 277: Die eigentliche Zulassung des Medikaments erteilt die Europäische Kommission. Die Zulassung gilt EU-weit. Ab jetzt ist das Medikament für die Patienten zugänglich, sofern nicht – wie in den meisten EU-Staaten üblich – vor der Markteinführung noch Erstattungs- und/oder Preisverhandlungen nach jeweils nationaler Sozialgesetzgebung erfolgen müssen.

Zulassungsprozess 2

Nach der Zulassung des Medikaments schließen sich in der Regel Phase-IV-Studien an. Diese dienen dazu, umfassendere Informationen über die Wirksamkeit und Sicherheit des neuen Arzneimittels bei einer großen Anzahl von Patienten sowie bei Untergruppen von Patienten und unter den Bedingungen des klinischen Alltags zu erheben. Die Phase-IV-Studien sind darauf ausgelegt, die langfristigen Auswirkungen der Behandlung mit dem Arzneimittel zu bewerten.

Kurz & Knapp

Bevor ein neues Medikament den Patienten zur Verfügung steht, muss es durch einen aufwendigen Zulassungsprozess. Dieser sichert die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments.

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