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Therapie & Medikamente

Klinische Studien: Der lange Weg vom Labor zum MS-Medikament

8 Minuten

Veröffentlicht am 15.09.2017  von  trotz ms Redaktion

Medikamente gehören zum Leben mit MS dazu. Vielleicht hast Du Dich schon einmal gefragt, wie neue Arzneimittel entstehen. Oder Dir Gedanken über die Unbedenklichkeit Deines Medikaments gemacht. Von der ersten Entdeckung eines neuen Wirkstoffes bis zur Zulassung als Arzneimittel dauert es Jahre. Klinische Studien sichern dabei die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit neuer Medikamente.

Wachstumsfortschritt Blumen

Klinische Studien bei MS: Der Weg vom Labor bis zum endgültigen Medikament geht über verschiedene Studienphasen und dauert mehrere Jahre.

Was ist eine klinische Studie?

Um Krankheiten immer besser behandeln zu können, arbeiten zahlreiche Wissenschaftler weltweit an der Entwicklung innovativer Medikamente. Wusstest Du eigentlich, dass es von den ersten Versuchen im Labor bis zur Zulassung eines Medikaments durchschnittlich zehn bis zwölf Jahre dauert? Angeregt durch Erkenntnisse aus der sogenannten Grundlagenforschung, untersuchen Wissenschaftler zunächst ungefähr 5.000 bis 10.000 verschiedene Substanzen. Davon kommen im Durchschnitt nur neun in ersten Studien mit Menschen zur Erprobung, und nur eine Substanz erreicht tatsächlich später den Markt.

Bevor dieser neue Wirkstoff seine Zulassung als Arzneimittel erhält, steht seine Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auf dem Prüfstand. Dies erfolgt zunächst im Tierversuch und dann auch am Menschen. Teil dieses gesetzlich streng geregelten Entwicklungsprozesses ist die klinische Studie, auch klinische Prüfung genannt. Seit 2004 muss das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM bzw. das Paul-Ehrlich-Institut die Durchführung von klinischen Studien genehmigen.

Ziel und Organisation einer klinischen Studie

Eine klinische Studie prüft in kontrollierten wissenschaftlichen Untersuchungen an Menschen die Wirksamkeit und Verträglichkeit eines neuen Wirkstoffes. So entstehen neue Medikamente, die Krankheiten besser bekämpfen können und zum Wohlbefinden der Patienten beitragen. Auftraggeber für klinische Studien sind zum Beispiel pharmazeutische Unternehmen, Kliniken oder Forschungsinstitute. Sie übernehmen als Hauptverantwortliche die Organisation, Verantwortung und Finanzierung der Studie und werden „Sponsor“ genannt.

Die Durchführung einer klinischen Studie erfolgt in einem sogenannten „Prüfzentrum“. Dies kann eine Klinik oder auch eine Arztpraxis sein. In diesem Prüfzentrum übernimmt ein „Prüfarzt“ die Behandlung und Betreuung der Studienteilnehmer (Probanden). Er ist für die praktische Durchführung der Studie verantwortlich. Dazu gehören:

  • die Aufklärung der Studienteilnehmer
  • die Verabreichung des Wirkstoffes (Prüfpräparat)
  • die medizinischen Untersuchungen
  • die sorgfältige Erhebung und Auswertung der gewonnenen Daten.

Die Phasen einer klinischen Studie

Präklinische Entwicklung

Ist eine wirksame Substanz gefunden, muss sie zuerst auf mögliche schädliche Wirkungen untersucht werden. Dies geschieht in der sogenannten präklinischen Entwicklung zunächst an Zellkulturen und später an Tieren. Erst wenn sich der Wirkstoff als unbedenklich herausgestellt hat, darf im nächsten Schritt in einer klinischen Studie die Testung an Menschen erfolgen. Eine klinische Studie verläuft bis zur Beantragung der Zulassung in 3 Phasen.

Phase I

Der Wirkstoff wird zunächst an einer kleinen Anzahl von gesunden Studienteilnehmern getestet. Hier klärt sich, wie sich der Stoff im Körper verhält und ob unerwünschte Wirkungen auftreten. Außerdem legen die Forscher die Dosierung des Wirkstoffes für die folgenden Studienphasen fest. Stellt sich heraus, dass weitere Untersuchungen unbedenklich sind, schließt sich die Phase II an.

Phase II

In der Phase II erhalten erkrankte Patienten den Wirkstoff. Um herauszufinden, ob die Substanz auch die erwünschte Wirksamkeit zeigt, vergleichen die Forscher verschieden behandelte Patientengruppen: Eine Gruppe erhält den neuen Wirkstoff, die andere entweder ein sogenanntes „Placebo“ – eine Nachahmung ohne Wirkstoff – oder die bisher verfügbare Standardbehandlung. Die genaue Einteilung und Behandlung der Patientengruppen legt das sogenannte „Studiendesign“ fest.

Phase III

Die Phase III dient dazu, den Wirkstoff an einer großen Zahl von Patienten zu erproben. So lässt sich herausfinden, ob sich die in Phase II gezeigte Wirkung auch in einer größeren Gruppe von unterschiedlichen Patienten bestätigt. Weiterhin werden unerwünschte Neben- oder Wechselwirkungen untersucht.

Nach erfolgreichem Abschluss aller Phasen der klinischen Studie kann der Zulassungsantrag des Arzneimittels bei der zuständigen Arzneimittelbehörde eingereicht werden.

Alle Informationen zu klinischen Studien und wie sie ablaufen, findest Du anschaulich erklärt in diesem Video.

Möchtest Du an einer laufenden klinischen Studie teilnehmen? Dann findest Du auf www.clinicaltrialsregister.eu die wichtigsten Informationen. Das Online-Portal der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft (DMSG) bietet Dir Neuigkeiten zu aktuellen klinischen Studien.

Kurz & Knapp

Klinische Studien sind unverzichtbar für die Zulassung von neuen Medikamenten. Sie stellen die Unbedenklichkeit, Wirksamkeit und Qualität der Arzneimittel sicher.

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