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Ursachen

Wie Darmbakterien multiple Sklerose beeinflussen

7 Minuten

Veröffentlicht am 08.05.2019  von  Onmeda

Die Ursachen der MS liegen nach wie vor weitestgehend im Dunkeln. Doch Forscher haben einige neue Risikofaktoren identifiziert, darunter das Zusammenspiel von Darmbakterien und Immunsystem.

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Die genauen Ursachen der Nervenerkrankung multiple Sklerose (MS) sind noch immer nicht genau geklärt – trotz intensiver Forschung. Dennoch haben Wissenschaftler einige Faktoren gefunden, die eine MS offenbar begünstigen. "Umweltfaktoren machen zwei Drittel des MS-Risikos aus", erklärt Prof. Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Klinik am St. Josef-Hospital, das zum Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum gehört.

Risikofaktoren für MS: Nikotin und Übergewicht

Aus früheren Studien wissen Forscher, dass an der Entstehung der MS Virusinfektionen in der Kindheit (vor allem Epstein-Barr-Virus), ein Mangel an Vitamin D oder die Distanz des Geburtsortes vom Äquator beteiligt sind. Neuere Forschungen deckten weitere Risikofaktoren für die MS auf: "Zigarettenrauchen, Übergewicht und übermäßiger Kochsalzkonsum aktivieren die Entstehung und das Wachstum von autoimmunen Entzündungszellen im Immunsystem", erklärt Neurologe Gold. Die neuen Erkenntnisse hätten unmittelbare Konsequenzen für die Patienten. Denn wer sich diesen Risikofaktoren erst gar nicht aussetzt, kann womöglich der MS vorbeugen. Auch für MS-Therapien eröffneten sich damit neue Ansatzpunkte, so Gold.

Darmbakterien als Übeltäter bei MS?

Forscher um den Neuroimmunologen Prof. Hartmut Wekerle vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried bei München nahmen in den letzten Jahren besonders die menschliche Darmflora als Mitverursacher der MS in den Blick. Bei Tieren, die unter einer der MS sehr ähnlichen Erkrankung litten, gelang der Nachweis, dass Darmbakterien die Nervenerkrankung auslösen können. "Der Darm ist in vielerlei Hinsicht ein sehr wichtiges Organ", erklärt Gold. "Bei Immungesunden ebenso wie bei Menschen mit Autoimmunkrankheiten wie der MS.“

Kürzlich konnten Wissenschaftler nachweisen, dass sich die multiple Sklerose vollständig unterdrücken lässt, wenn sie die natürlichen Bakterien aus dem Darm entfernten. Ein neuer Behandlungsansatz ist dies jedoch nicht, denn ohne nützliche Darmbakterien kann ein Mensch nicht überleben. Die winzigen Mikroben helfen unter anderem bei der Verwertung der Nahrungsbestandteile oder der Produktion lebenswichtiger Vitamine. Die Forscher wollen nun herausfinden, welche der unzähligen Darmbakterien sich neutral verhalten und welche Mikroben womöglich mit der MS in Verbindung stehen.

Bei Patienten mit schubförmiger MS haben die Forscher schon gezeigt, dass die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm – das Mikrobiom – deutlich anders zusammengesetzt ist als bei gesunden Menschen. Unklar ist bislang, ob diese veränderte Darmflora das Ergebnis der chronischen Entzündungsprozesse im Körper ist oder diese als Mitauslöser in Frage kommt.

So hängen Darm und MS eventuell zusammen

Eine aktuelle Studie der Universität Zürich zeigt, auf welche Weise die Darmbakterien an der MS beteiligt sein könnten. Demnach reagieren die T-Helfer-Zellen – die für die entzündlichen Prozesse bei MS verantwortlichen Immunzellen – auf ein besonderes Eiweiß: die GDP-L-Fucose-Synthase. Dieses Enzym stellen sowohl menschliche Zellen als auch Bakterien her, die in der Darmflora von Menschen mit MS gehäuft zu finden sind. "Wir denken, dass die Immunzellen im Darm aktiviert werden, dann ins Hirn wandern und dort eine Entzündungskaskade anstoßen, wenn sie der menschlichen Variante ihres Zielantigens begegnen", sagt die Studienleiterin Dr. Mireia Sospedra Ramos. Die Forscher entwickeln derzeit eine therapeutische Strategie, die sich speziell gegen die krankmachenden Immunzellen richtet und nicht das gesamte Immunsystem dämpft.

Quellen:

Online-Informationen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN): www.dgn.org (Seitenabruf: 7.12.2018)

Verbindung zwischen Darmflora und Multipler Sklerose entdeckt. Pressemitteilung der Universität Zürich: www.uzh.ch (11.10.2018)

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

*Quelle: www.onmeda.de

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