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Alex, MS-Betroffener, 40 Jahre

Erfahrungsberichte

Musik – Alleskönner ohne Nebenwirkungen

9 Minuten

Veröffentlicht am 02.10.2018  von  Alex

In meinem vorangegangenen Blog „Zufluchtsort Mutmacher-Musik bei MS“ hab ich Euch darüber berichtet, dass die Musik für mich seit meinem 14. Lebensjahr eine wichtige Ressource darstellt. Musik hat für mich einen hohen Stellenwert und zugleich eine therapeutische Wirkung, nicht nur im Umgang mit MS – sie ist Zufluchtsort, Tankstelle und Mutmacher zugleich. Mit Musik, ob als Zuhörer oder Praktizierender, sage ich der MS den Kampf an. Seit 2008 hat sie so gut wie keine Chance gehabt – denn die Musik ist und bleibt für mich das beste Medikament und dies ohne Nebenwirkungen. Im folgenden Blog möchte ich das Thema noch einmal aufgreifen und etwas näher auf die faszinierende Wirkung von Musik auf die MS eingehen.

Musik ist und war schon immer da

Seit Jahrtausenden ist Musik ein Bestandteil unserer menschlichen Kultur. Ob wir Menschen sie lediglich hören oder auch praktizieren – eigentlich ist ein Leben ohne Musik kaum vorzustellen. Selbst beim Einkauf im Supermarkt werden wir unbewusst im Hintergrund mit Musik berieselt, um eine entspannte Einkaufsatmosphäre zu schaffen. Neben Radio, Film und Fernsehen wird Musik in der Werbung eingesetzt, um auf unser Kaufverhalten Einfluss zu nehmen. Musiktherapeuten nutzen Musik längst als ein Werkzeug ihrer Therapien. Die musikalische Wahrnehmung und Empfindung von Musik ist zwar bei jedem sehr unterschiedlich – doch eins bleibt:

Nicht jeder Mensch kann singen oder ein Instrument spielen, doch jeder Mensch kann Musik empfinden, fühlen und kognitiv verarbeiten.

Selbst Gehörlose können die Schwingungen von Musik wahrnehmen und interpretieren. Musik ist flexibel einsetzbar, ob bei jungen oder alten Menschen. Für mich ist jeder Mensch musikalisch, denn Musikalität ist kein Talent, sondern eine Fähigkeit – die Fähigkeit etwas mit Musik anzufangen, sie zu empfinden. Ich kenne eigentlich niemanden, der keine Musik hört. Genau deshalb kann man hier andocken und Nutzen ziehen.

Musik nimmt Einfluss auf unser Denken, Fühlen und unser Verhalten

Ich bin kein Arzt, Neurologe oder Psychologe und ich kann bis heute nicht einmal Noten lesen, aber ich weiß, dass Musik Reize sendet, die über unsere Sinneszellen in unser Gehirn gelangen. Dort wird sie weiterverarbeitet und scheinbar über Nervenbahnen weitergeleitet in verschiedene Areale unseres Körpers, wo weitere Impulse freigesetzt werden – wie sollten wir auch sonst „Gänsehaut“ bekommen bei Songs, die uns berühren? Musik stimuliert das Gehirn und unser Denken und Fühlen.

Musik nimmt nicht nur Einfluss auf unsere Psyche und Emotionen, sie nimmt auch Einfluss auf unser Verhalten. Körper und Geist sind eine Einheit. Ich behaupte ganz stark, dass neben aktivem Musik machen, auch das aktive Hören von Musik ein motorisches und ein kognitives Training für uns ist. Wir tippen mit dem Finger auf den Tisch oder Nicken mit dem Kopf, Tanzen oder bewegen uns mit Musik einfach ein bisschen mehr. Wir spielen Gitarre, Klavier oder Schlagzeug und müssen unterschiedlichste Bewegungen mit den Fingern, Händen oder Füssen koordinieren.

Musikequipment

Drei Gitarren und Poster

Musik ist Fitness für den Geist und unseren Körper.

Musik hilft uns zu erinnern, Musik lässt uns traurig oder fröhlich sein, Musik übt mit uns das Leben und lässt uns wachsen (nicht nur im pädagogischen Sinne z.B. frühmusikalische Erziehung). Musik erhöht unsere kognitive Leistungsfähigkeit. Unser Gehirn wird beim Musizieren oder auch Musikhören einfach mehr stimuliert. Demnach kann Musik auch positiven Einfluss auf die MS nehmen. Sagte ich kann? Nein, sie tut es.

Musik schützt mich – wie Teflon in einer Pfanne

Der Glaube versetzt Berge, sagt man im Volksmund. Für mich ist Musik ein imaginärer Schutz – eine Schutzschicht, die sich wie ein Film über mich legt und mich vor äußeren und inneren Einwirkungen schützt – wie Teflon in einer Pfanne.

Über das Schreiben von Liedern habe ich sogar die Möglichkeit, die Musik für mich zu modifizieren und je nach Bedarf auszurichten: Einmal Musik, die mich antreibt, wenn ich müde oder depressiv bin. Andere Musik zum runterkommen nach einem stressigen Tag. Wieder eine andere gegen Schmerzen. Und so weiter. Die Palette ist groß.

Musik ist für mich wie ein Medikament – nicht verschreibungspflichtig und ohne Nebenwirkungen.

Musik – mein Retter

Ich selbst habe mit Musik eine Ressource geschaffen, auf die ich jederzeit zurückgreifen kann – eine Ressource, die mich im Leben mit MS etwas glücklicher stimmt, die mich schützt und begleitet. Meinen neusten Song „Savior“ habe ich erst vor kurzem veröffentlicht.

"Savior" (englisch für „Retter“) beschreibt den Zustand einer Hilflosigkeit, die sich paart mit Wut, Enttäuschung und Resignation. Retrospektiv werden Situationen und Gefühle aufgearbeitet, die in der Vergangenheit liegen und in die Gegenwart transportiert wurden und einem das Leben schwer machen. Es wird nach einem Retter bzw. einem Engel gesucht, der die Situation löst und für "Beschwichtigung" sorgt. Das Kuriose daran ist, dass dieser Engel genau die Person ist, die die Gefühle ausgelöst hat. Prinzipiell wird hier die Hoffnung (in Text und Musik) verpackt, dass der Verursacher des Leidens genau die Person rettet, die er leiden lässt.

Musik ist und bleibt mein Retter – ein Retter in allen Lebenslagen – damals wie heute.

Ich wünsche jedem von Euch ein musikreiches Leben, ob als Zuhörer oder Praktizierender. Mit Musik könnt Ihr träumen und Träume wagen. Musik hilft – egal wie – das ist sicher!

Euer Alex

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

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