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Kevin, MS-Betroffener, 31 Jahre

Erfahrungsberichte

MS-Betroffener Kevin stellt sich vor

Veröffentlicht am 07.06.2022 

Soziale Medien sind Kevins Welt. Nicht nur beruflich, sondern vor allem auch privat brennt seine Leidenschaft für Austausch, Offenheit und gegenseitige Unterstützung in der Community chronisch erkrankter Menschen. Kevin liebt den Gemeinschaftsgedanken – und setzt sich und seine „geheime Superkraft” dafür ein, ihn weiter voranzutreiben.

Manche von Euch kennen mich vielleicht unter dem Social-Media-Namen „Kevin_kaempferherz“, aber ich heiße eigentlich Kevin Hoffmann, bin 31 Jahre alt und wohne gemeinsam mit meiner festen Freundin Daria seit knapp fünf Jahren in Kassel. Im Februar 2020 konnte ich mein großes Hobby Social Media zum Beruf machen und arbeite seitdem als Social-Media-Manager in einer Agentur. Bereits Jahre zuvor habe ich mich (eher schlecht als recht) als YouTuber versucht, doch damit immerhin einen Stein ins Rollen gebracht, den ich damals noch gar nicht hätte kommen sehen können.

Der erste Schritt brauchte Mut

Alles hat mit selbstgedrehten Videos voller Quatsch und Comedy auf YouTube angefangen, bis ich irgendwann all meinen Mut zusammengenommen habe und das erste Mal offen über meine Multiple Sklerose gesprochen habe. In den ersten beiden Jahren nach meiner Diagnose habe ich all meine Gedanken, Sorgen und Ängste in mich hineingefressen und mich dabei ganz allein gefühlt. Im Internet habe ich zu diesem Zeitpunkt eher Menschen mit MS gefunden, die einen ganz anderen Verlauf als ich hatten oder in einem völlig verschiedenen Lebensabschnitt standen. Nachdem ich das erste MS-Video veröffentlicht hatte, bin ich jedoch mit einer Menge anderer MS-Betroffener in Kontakt gekommen und habe schnell gelernt: Ich bin doch nicht allein. Es gibt eine ganze Menge Menschen, die sich mit meinen Gedanken identifizieren können. Wir schenken uns gegenseitig Mut, teilen gute sowie schlechte Momente und stützen uns in jeder Lebenslage. Gemeinsam sind wir so viel stärker! Vor allem Livestreams machen mir große Freude, weil wir dort interaktiv Fragen klären können und uns miteinander „connecten“.

MS-Betroffener Kevin sitzt auf einer Treppe

Meine geheime Superkraft

Ich spreche sehr gerne mit und vor fremden Menschen und habe keine Scheu auf andere zuzugehen. Ich glaube, dass ich Menschen zusammenführen kann. Irgendwie schaffe ich es, dass wir nicht gegeneinander arbeiten, sondern zusammen. Wir sitzen ja im selben Boot.

Natürlich habe ich auch noch Hobbys außerhalb des Handydisplays. Seit ich 17 Jahre alt war, gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio, treffe mich leidenschaftlich gerne mit Freunden zum Essen in Restaurants und bin allgemein durch die MS ein richtiger Genießer geworden. Solange ich keine Schübe habe, sauge ich das Leben geradezu auf. Man weiß ja nie, wie lange die Achterbahn des Lebens bergauf fährt.

Symptome wahr- und ernstnehmen

Meine MS-Diagnose habe ich Mitte 2014 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war ich recht frisch 24 Jahre alt geworden. Die Ärzte haben bei mir RRMS diagnostiziert. Das erste Symptom, das ich wahrgenommen hatte, war eine Lähmung der rechten Körperhälfte – mitten beim Sport. Ich dachte allerdings, dass ich mir übermotiviert nur einen Nerv eingeklemmt hatte. Und nach knapp einer Woche sind die Symptome von allein wieder weggegangen. Wenige Monate später habe ich immer schlechter auf dem rechten Auge gesehen. Das war der Beginn einer Sehnerventzündung – das wusste ich allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht. Vier Monate nach meinen ersten Symptomen konnte die Diagnose dann gestellt werden. Ich fühle mich dabei selbst etwas schuldig, weil ich immer erst im allerletzten Moment zum Arzt gehe.

Ein offener Umgang kann Türen öffnen

Seitdem habe ich zum Glück einen ruhigen Verlauf. Die Psyche war am Anfang mein größtes Problem. Meine Symptome sind ausschließlich unsichtbar. Ab und zu habe ich Empfindungsstörungen in den Händen, wobei ich heißes und kaltes Wasser kaum unterscheiden kann. Meine Füße waren partiell taub und der Sehnerv grüßt auch immer mal wieder bei zu viel Stress. Konzentrations- und Wortfindungsstörungen gehören auch dazu, was mir besonders bei der Arbeit manchmal unangenehm ist. Doch dadurch, dass ich offen mit meiner MS umgehe, haben meine Chefs und Kolleg:innen Verständnis.

Wovon ich träume ...

Es ist ein großer Traum von mir, nachhaltig etwas für Menschen mit chronischen Erkrankungen und/oder Behinderungen zu verändern. Ich stelle mir das wie eine Anlaufstelle nach der Diagnose vor, bei der es möglich ist, direkt „aufgepäppelt“ zu werden. Durch dieses Gefühl, mit der Krankheit allein zu sein, habe ich zwei Jahre mit depressiven Episoden gelebt. Vor diesem Abwärtsstrudel möchte ich frisch diagnostizierte Personen bewahren, sie auffangen und ihnen direkt zeigen, dass sich das Kämpfen lohnt. Mir schwebt eine Art Zentrum vor, wo man mit anderen Betroffenen als auch Fachkräften sprechen kann und alles an einem Ort hat.

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