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Begleiterkrankungen

Warum Bluthochdruck bei MS ein doppeltes Problem ist

7 Minuten

Veröffentlicht am 06.02.2019  von  Onmeda

Bluthochdruck ist weit verbreitet – unter Menschen mit multipler Sklerose nochmal mehr. Das Fatale: Hoher Druck in den Gefäßen wirkt sich wiederum negativ auf die MS aus.

Arm mit Blutdruckmessgerät

Bluthochdruck ist eine stille Gefahr. In vielen Fällen bleibt er unbemerkt und schädigt die Gefäße schleichend. Allein in Deutschland haben 20 bis 30 Millionen Menschen zu hohen Druck in den Blutgefäßen. Unbehandelt kann eine Hypertonie zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.

Forscher der Case Western Reserve University in Cleveland (USA) fanden jetzt heraus, dass Patienten mit multipler Sklerose (MS) ein um 48 Prozent erhöhtes Risiko für Bluthochdruck haben wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Auch im Vergleich zu Personen mit zwei anderen neurologischen Krankheiten, bei denen die Myelin-Schicht um die Nervenzellen zerstört wird (medizinisch: "demyelinisieren"), ist diese Gefahr erhöht. Schon jetzt lasse sich Bluthochdruck mit einem schlechteren Verlauf der MS in Zusammenhang bringen, betonen die Forscher.

Fataler Zusammenhang

In ihrer Studie untersuchten sie, wie häufig Herz-Kreislauf-Beschwerden – beispielsweise Bluthochdruck – bei Patienten vorkommen, die unter demyelinisierenden Krankheiten litten. Dazu zählen:

  • multiple Sklerose
  • Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD): seltene chronisch-entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems, betroffen sind der Sehnerv, das Rückenmark und das Gehirn
  • Transverse Myelitis (TM): seltene neurologische Erkrankung, die das Rückenmark in Mitleidenschaft zieht
    Alle drei Erkrankungen betreffen zwar das zentrale Nervensystem, zeigen aber verschiedene Symptome und Begleiterscheinungen.

An der Untersuchung beteiligten sich 1.548 Patienten mit MS, 306 Personen mit NMOSD und 145 Menschen mit TM. Als Kontrollgruppe dienten 677 Probanden ohne demyelinisierende Erkrankung. Die Forscher untersuchten, wie oft die Studienteilnehmer unter Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen, erhöhten Blutfettwerten und Bluthochdruck litten. Außerdem flossen bekannte Risikofaktoren wie das Alter, Nikotinkonsum, Fettleibigkeit, andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Familiengeschichte in die Bewertung mit ein.

Dem Mechanismus auf der Spur

Patienten mit multipler Sklerose hatten ein um 48 Prozent erhöhtes Risiko für Bluthochdruck im Vergleich zur Kontrollgruppe. Kein erhöhtes Risiko fanden die Forscher für Patienten mit NMOSD und TM. Sie betonen, dass schon frühere Studien gezeigt hätten, dass es einen fatalen Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dem Verlauf der MS gibt. Sie sind aber gut zu behandeln, zum Beispiel durch eine gesunde Ernährung oder körperliche Aktivität.

Das gehäufte Auftreten der Hypertonie bei MS erklären die Forscher so: "Bekannt ist, dass Bluthochdruck die Blut-Hirn-Schranke stören kann – und bei MS ist diese Barriere ohnehin beschädigt. So können reaktive Immunzellen leichter in das zentrale Nervensystem einwandern."

Interessant sei jedoch, dass andere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie erhöhtes Cholesterin oder Diabetes bei Patienten mit demyelinisierenden Erkrankungen und der Kontrollgruppe ähnlich häufig vorkamen. Das Fazit der Forscher: Die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten sind bei Menschen mit und ohne demyelinisierenden Erkrankungen etwa gleich häufig verteilt – mit Ausnahme des Bluthochdrucks. "Er kommt bei multipler Sklerose deutlich häufiger vor, auch wenn man etablierte Risikofaktoren mit berücksichtigt", schreiben die Studienautoren. Welche genauen Mechanismen dieser Verbindung zwischen MS und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugrunde liegen, wollen sie in weiteren Studien herausfinden.

Bluthochdruck bei MS frühzeitig behandeln!

Dass Bluthochdruck entscheidenden Einfluss auf das Gehirn bei MS nimmt, zeigt eine Studie von Wissenschaftlern aus Argentinien. MS-Patienten mit Bluthochdruck entwickeln demnach größere Schäden an der weißen Substanz im Gehirn und stärkeren Gehirnschwund (Hirnatrophie) als jene Patienten mit gesunden Blutdruckwerten.

Dies schlägt sich auch in einem größeren Ausmaß der Behinderungen nieder. Zwar hat diese Studie verschiedene Einschränkungen, zum Beispiel untersuchte sie nur vergleichsweise wenige Patienten. Dennoch wird daraus deutlich, wie wichtig es gerade bei MS-Patienten ist, Bluthochdruck frühzeitig und ausreichend zu behandeln, so die Forscher. Die Therapie komme nicht nur Herz und Kreislauf, sondern auch dem Gehirn zugute.

Quellen:

Saroufim, P. et al.: Cardiovascular conditions in persons with multiple sclerosis, neuromyelitis optica and transverse myelitis. Multiple Sclerosis and Related Disorders (Juli 2018)

Dossi, D. et al.: Effects of Systolic Blood Pressure on Brain Integrity in Multiple Sclerosis. Frontiers in Neurology (Juni 2018)

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

*Quelle: www.onmeda.de

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