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Carsten, MS-Betroffener, 51 Jahre

Erfahrungsberichte

Antrag auf Erwerbsminderungsrente mit MS – meine Erfahrungen

9 Minuten

Veröffentlicht am 25.11.2021  von  Carsten

Mein heutiges Thema behandelt den Antrag auf Erwerbsminderungsrente und worauf man bei der Antragstellung achten sollte. Vorweg muss ich sagen, dass es einen schweren Einschnitt in meinem Leben bedeutet hat – aber auch eine wichtige finanzielle Stütze, um die Einschränkungen meiner Fähigkeiten auszugleichen.

Letztendlich bedeutet der Antrag auf Erwerbsminderungsrente ja, dass man sein bisheriges Berufsleben nicht mehr weiterführen kann, da man körperlich oder auch kognitiv nicht mehr dazu in der Lage ist. Grundsätzlich kann sich jeder froh schätzen, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Sei es als Mitarbeiter in einer Firma oder als Einzelkämpfer – respektive Selbstständiger. Man arbeitet tagtäglich mit Arbeitskollegen und -kolleginnen zusammen, es sind Freundschaften entstanden, man hat eine Aufgabe, die man mal gerne, aber auch mal nicht so gerne ausführt. Aber alles in allem füllt es einen aber doch sehr aus.

Doch was machen, wenn der Körper oder der Kopf einfach nicht mehr mitspielen, es also krankheitsbedingt nicht mehr möglich ist, seinen Job entsprechend auszuüben? Dann bleibt oft nur die Option der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung. Hier kommt dann die Rentenversicherung ins Spiel.

Grundsätzlich gilt: Reha vor Rente

Bei der Rentenversicherung gilt in diesem Fall allerdings der Grundsatz „Reha vor Rente“ (Rentenrecht § 9 SGB VI). Das bedeutet: Ist ein Rentenantrag gestellt, wird zuerst überprüft, ob eine vorherige Reha eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ermöglicht oder ob eine berufliche Umorientierung in Frage kommt.

Bei der Reha wird dann die tatsächliche Leistungsfähigkeit anhand von Tests ermittelt und eine entsprechende Arbeitsleistungsbeurteilung erstellt, welche die Grundlage für das weitere Vorgehen der Rentenversicherung ist. Im Abschlussbericht steht eine Empfehlung, mit wie vielen Arbeitsstunden der oder die Reha-Patient:in die aktuelle Arbeit noch ausüben kann, beziehungsweise mit wie vielen Arbeitsstunden der- oder diejenige auf dem regulären Arbeitsmarkt eingesetzt werden kann. Dieser Abschlussbericht wird von der Reha-Klinik auch direkt zur Rentenversicherung gesendet.

Sollte hier also festgestellt werden, dass jemand nicht mindestens sechs Stunden am Tag arbeiten kann, ist es möglich, den Antrag zur Reha in einen Antrag für die Erwerbsminderungsrente umzuwandeln. Am besten ist es also, zuerst einen Rehabilitationsantrag zu stellen. Das kann der schnellere und einfachere Weg sein.

Ein Mann sitzt an einem Tisch und schreibt etwas auf

Wo wird der Antrag gestellt?

Der Antrag (Reha oder Erwerbsminderung) wird in der Regel beim Bund der Rentenversicherung gestellt. Auf deren Webseite stehen – neben vielen wichtigen Informationen zum Thema „Reha und Rente“ – alle notwendigen Formulare online oder zum Herunterladen zur Verfügung. Da es mitunter recht schwierig sein kann, eigenständig einen Antrag zu stellen, bietet die Deutsche Rentenversicherung kostenlose Auskünfte an. Man kann sich aber auch Unterstützung von unabhängigen Rentenberater:innen vor Ort oder von dem Sozialverband VdK (Kosten liegen bei ca. fünf Euro pro Monat) einholen. Grundsätzlich sollte man beachten, sämtliche Unterlagen vollständig aufzubereiten. Das ist zwar mit ein wenig „Rennerei“ verbunden, erspart aber unnötige Rückfragen.

Schon gewusst?

Kleiner Tipp von mir: Wer nicht ständig zur Post rennen möchte, kann auch alle Unterlagen online an die Rentenversicherung hochladen. Voraussetzung ist hierbei, dass man über eine sichere DE-Mail-Adresse verfügt, die von der Rentenversicherung akzeptiert wird.

Die Beantragung ist recht einfach und kostenfrei. Es ist allerdings eine Identitätsprüfung erforderlich. Aber nicht wundern, dass die Beantwortung der Rentenversicherung wieder auf dem herkömmlichen Postweg erfolgt. Dies ist technisch derzeit noch nicht anders möglich, wie man mir mitgeteilt hat.

Meine Erfahrungen mit der Antragstellung

Ich selbst habe zuerst einen Antrag auf medizinische Rehabilitation gestellt und bin anschließend mit dem Entlassungsbericht der Reha zu einem Rentenberater vor Ort gegangen. Dieser sagte mir, dass ich umgehend einen verkürzten Antrag auf Versichertenrente (Formular R0110) stellen sollte und welche Formulare ich hierzu ausfüllen müsste. Außerdem könnte ich mich jederzeit bei ihm melden, falls ich Probleme beim Ausfüllen hätte. Er meinte, dass anhand der angegeben möglichen Arbeitszeiten im Rehabericht die Rentenversicherung keine großen Möglichkeiten sehen würde, mich anderweitig zu vermitteln. Die Tatsache, dass ich an Multipler Sklerose erkrankt bin, mache es auch nicht wahrscheinlicher, dass sich hieran etwas ändern würde, so seine ehrlichen und offenen Worte. Insgesamt hat der Termin knapp 15 Minuten gedauert, zahlen brauchte ich hier auch nichts.

Schlussendlich ist es dann genauso gekommen: Ich bin von der Rentenversicherung noch aufgefordert worden, einige Unterlagen nachzureichen, aber die Entscheidung über die volle Erwerbsunfähigkeit ist danach recht schnell erfolgt.

Der Ton macht die Musik

Zu guter Letzt ein persönliches Anliegen von mir: In der heutigen Zeit kommt es immer wieder vor, dass der Umgangston, egal in welchen Bereichen man sich bewegt, sehr zu wünschen übrig lässt. Ein freundliches „Guten Tag“ oder eine nette Verabschiedung tun nicht weh. Die Mitarbeiter:innen bei der Rentenversicherung, die unabhängigen Rentenberater:innen etc. wissen es zu würdigen: Sie tun ihr Bestes und das darf man auch einmal wertschätzen. Das gilt selbstverständlich für alle Bereiche und Lebenslagen – respektiert Euer Gegenüber, dann werdet Ihr auch von ihm respektiert.

In diesem Sinne: Vielen Dank an alle, die es bis hierhin ausgehalten haben! ;-)

Euer Carsten

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