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Familie & Partnerschaft

Nachgefragt: Das Leben als Paar mit MS

6 Minuten

Veröffentlicht am 12.08.2022  von  trotz ms Redaktion

Der Austausch mit anderen MS-Betroffenen kann eine wichtige Stütze sein. Das wissen Karlo und Birgit am besten – als damals frisch verheiratetes Paar haben beide kurz nacheinander erfahren, dass sie mit MS leben. Seitdem meistern sie ihren Weg Seite an Seite. Im Interview berichtet Karlo von der Unterstützung und dem Verständnis im Austausch miteinander sowie mit anderen MS-Betroffenen.

Karlo (56) und Birgit (57) sind seit 1988 verheiratet. Wenig später haben beide die Diagnose MS erhalten. Weil sie aus erster Hand wissen, wie hilfreich die Unterstützung unter MS-Betroffenen sein kann, setzen sie sich Seite an Seite dafür ein – und haben sogar einen gemeinnützigen Verein gegründet, mit dem sie Großes vorhaben.

Lieber Karlo, was ist Euch damals durch den Kopf gegangen, als feststand: Ihr lebt beide mit MS?

Im Dezember 1991 habe ich die MS-Diagnose bekommen und drei Wochen später wurde sie bei Birgit gestellt. Weil das so kurz hintereinander war, haben die Ärzte erst gesagt, dass könnte eine "Sympathie-Krankheit" sein – sie haben vermutet, sie bilde sich die Symptome nur ein. Aber mit den MRT-Bildern war es dann definitiv. Die Ärztin hat damals gesagt: "Sie sind ja vom Fach und wissen dann ja, was auf Sie zukommt." Das war die ganze Diagnoseeröffnung. Da waren wir natürlich ganz schön vor den Kopf gestoßen. Da hätten wir uns mehr Betreuung gewünscht.

Welche Bedeutung hat für Euch der Austausch mit anderen Menschen, die mit MS leben?

Wenn man sich viel mit anderen Patienten austauscht, verlaufen Gespräche ganz anders als mit Ärzten. Wer selbst nicht betroffen ist, kann sich nicht so genau in die Situation hineinversetzen. Die größte Hilfe haben wir immer durch andere Patienten erfahren, die in derselben Klinik wie wir zur Behandlung waren sowie durch die große Selbsthilfegruppe. Durch den Austausch haben wie viele Informationen erfahren – und konnten unsere Erfahrungen dann auch an andere weitergeben.

Fühlt Ihr Euch dabei als Expertin und Experte der eigenen Erkrankung oder des eigenen Körpers?

Ja, für meinen eigenen Körper auf jeden Fall. Wenn man schon so lange mit der Erkrankung lebt, dann hat man auch einfach viel erlebt und viel gesehen. Andere Betroffene stellen uns oft viele Fragen und suchen Rat. Aber am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, was man ausprobiert und was der beste Weg für einen selbst ist. Das ist immer schwierig. Mir hat es dabei immer sehr geholfen, mit vielen Patienten zu reden. Gemeinsam stark – genau das sind wir! Was der eine nicht schafft, macht eben der andere!

An wen wendet Ihr Euch, wenn Ihr mal ein offenes Ohr braucht?

Natürlich wenden wir uns an uns gegenseitig oder an Freunde, mit denen wir gut über alles sprechen können. Aber was auch hilft, ist das Patientenprogramm trotz ms MEIN SERVICE. Das ist eine Art Begleitung und Unterstützung. Meine persönliche Ansprechpartnerin kann ich in Bezug auf die MS alles fragen und auch über Kummer und Sorgen mit ihr sprechen. Sie nimmt sich viel Zeit, versucht, mich aufzubauen und gibt Tipps.

Ihr habt den gemeinnützigen Verein „Gemeinsam LEBEN mit MS e. V.“ mitgegründet – wofür setzt Ihr Euch ein?

Auf dem Gelände der Klinik, in die wir regelmäßig fahren, gibt es ein leerstehendes Schwesternwohnheim. Dazu hat meine Frau immer gesagt: "Es wäre doch schön, wenn wir da eine Wohnung hätten!" Also sind wir mit der Verwaltung in Kontakt getreten und haben angefangen, Pläne für den Umbau zu schmieden. Um Fördergelder erhalten zu können, braucht es allerdings einen gemeinnützigen Verein. Etwa 20 Apartments für Menschen mit MS sollen dort entstehen, damit wir gemeinsam mit anderen MS-Betroffenen leben können – selbstständig, aber mit gegenseitiger Unterstützung. Durch die Nähe zur Klinik hätten wir alles vor Ort, was wir brauchen. Das Problem ist jetzt die Investorensuche. Auch mit dem Bürgermeister haben wir schon gesprochen. Der gesamte Umbau nimmt viel mehr Zeit und Arbeit in Anspruch, als wir je gedacht hätten. Aber wir wollen einander und andere unterstützen – wie eine riesige Selbsthilfegruppe.

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