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Carsten, MS-Betroffener, 47 Jahre

Erfahrungsberichte

Vater werden mit MS

8 Minuten

Veröffentlicht am 15.09.2017  von  Carsten

Meine Frau und ich hatten schon seit Langem einen Kinderwunsch. Zuerst stand hier aber die Karriere meiner Frau im Vordergrund. Meine Frau ist Freiberuflerin und wir wollten erst einmal auf finanziell sicheren Beinen stehen.

Unser Kinderwunsch und meine MS

Im Jahr 2009 wurde bei mir die Diagnose MS gestellt. Das Thema „Kinderwunsch“ rückte deshalb fürs Erste in den Hintergrund. Die Krankheit musste erst einmal verarbeitet werden. Wir wussten zu dem Zeitpunkt beide nicht, was kommen und vor allem, wie sich alles weiterentwickeln wird.

In den vergangenen Jahren hat sich die MS durch die Medikation als relativ stabil erwiesen. Deshalb haben wir uns wieder dem Thema „Kinderwunsch“ zugewendet. Trotz meiner MS und unseres Alters (ich war 46, meine Frau 38) war es nach wie vor unser Wunsch, ein Kind zu bekommen: Als der Schwangerschaftstest dann positiv ausfiel, war dies ein unbeschreibliches Gefühl!

Überwiegend positive Reaktionen auf die Schwangerschaft

Als wir unserer Verwandtschaft unsere Schwangerschaft mitteilten, reagierten alle überwiegend positiv. Es flossen auch einige Glückstränen. Es gab allerdings auch eine etwas kritische „Stimme“. „Müsst ihr Euch das in Eurem Alter noch antun“, war hier die erste Reaktion. Die MS wurde hier nur beiläufig angesprochen, war unterschwellig aber spürbar. Wir hatten uns im Vorfeld natürlich auch auf solche Reaktionen eingestellt.

Das Alter war für uns sicherlich ein Thema. Wir fühlen uns aber beide jung genug, um die große Aufgabe, ein Kind aufzuziehen, zu meistern.

Über die MS haben wir uns auch lange unterhalten. Dies war sicherlich die schwierigste, da nicht zu 100 Prozent planbare „Unbekannte“.

MS ist nicht vererbbar. Die Chance, dass ein Kind ebenfalls daran erkrankt, ist nur etwas höher (etwa drei Prozent) als bei nicht erkrankten Eltern. Für uns war dies daher nicht relevant.

Unser Motto

Wenn wir ständig nur die Gefahren oder Probleme sehen, kommen wir nie weiter. So haben wir es bis jetzt immer gehandhabt und daher haben wir die Thematik auch positiv angenommen. Dies ist in allen Lebensbereichen so. Man muss sich auch einmal selber etwas zutrauen und nach vorne schauen. Aus diesem Grund haben wir uns dann auch „pro Kind“ entschieden.

Wenn wir ständig nur die Gefahren oder Probleme sehen, kommen wir nie weiter.

Aufgabenverteilung

Da meine Frau Freiberuflerin ist und das Haupteinkommen nach Hause bringt, war die Aufgabenverteilung von vornherein klar. Ich würde die Elternzeit wahrnehmen, mich also zukünftig um unseren Nachwuchs kümmern, mit allem was dazugehört.

Die Geburt war das Größte

Ich war bei der Geburt dabei und durfte das Baby direkt in meinen Armen halten. Es war das Größte, was ich bis jetzt erleben durfte. Colin war so klein, unschuldig und verwundbar. Es war unbeschreiblich und mir kamen die Tränen vor lauter Glück.

Carsten mit einem Kinderwagen

Schatten von Carsten und dem Kinderwagen

Die Situation heute

Colin ist nun bereits fünf Monate alt und es läuft alles noch besser als erhofft :-) : Wir haben viel Spaß miteinander, albern viel herum. Und es gibt mir einfach ein gutes Gefühl, ihn auf seinem Weg zu begleiten und ihm zu helfen. Ich bin sehr ausgeglichen, das wiederum spürt auch der kleine Wurm.

Es gibt natürlich immer mal Situationen, die sehr anstrengend sind: Zum Beispiel wenn er schreit und man weiß nicht, was er hat und was man tun kann, aber dies ist bei allen Babys so.

Colin schläft seit mehreren Wochen fast durch, sprich von ca. 20:30 bis 05:30 Uhr, manchmal auch länger, seltener kürzer. Das erste Fläschchen bekommt er frühmorgens von mir, sobald er wach ist. Meine Frau kann dann noch etwas liegen bleiben, bevor sie selber zur Arbeit muss.

Ich gehe regelmäßig mit ihm spazieren, fahre mit dem Fahrrad (haben extra einen Fahrradanhänger gekauft) oder trage ihn halt durch die Wohnung. Ich bin durch Colin so fit wie lange nicht mehr. Die viele frische Luft tut natürlich auch mir sehr gut. Nichtsdestotrotz merke ich auch ab und zu die MS, das bleibt ja leider nicht aus, aber Colin ist dann der größte Antrieb, dennoch das Beste aus dem Tag zu machen!

Colin war die richtige Entscheidung

War es die richtige Entscheidung? Ganz klar ja, Colin ist für uns eine absolute Bereicherung und man weiß jetzt auch, wofür man so hart arbeitet bzw. den zusätzlichen Stress in Kauf nimmt. Ich habe auf einmal wieder eine richtige Aufgabe und Verantwortung, anders als noch im Job. Das kann man nicht miteinander vergleichen. Ich bin froh, dass wir an unseren Traum vom eigenen Kind geglaubt haben - trotz MS.

Inhaltlich geprüft: M-DE-00003220

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