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Carsten, MS-Betroffener, 47 Jahre

Erfahrungsberichte

Mein erster Vortrag vor großer Versammlung – ein Sprung ins kalte Wasser

14 Minuten

Veröffentlicht am 14.11.2019  von  Carsten

Ich bin ja nun bereits seit zwei Jahren Teil der trotz ms Kampagne und konnte in diesem Rahmen schon an vielen tollen Veranstaltungen teilnehmen. Eine Veranstaltung werde ich allerdings nicht so schnell vergessen. Hierbei stand ich als Einzelperson im Mittelpunkt.

Mein erster Vortrag vor großer Versammlung – ein Sprung ins kalte Wasser

Aber von Anfang an: Alles begann wie immer mit einer E-Mail von unserer trotz ms Redaktion. Der Betreff der E-Mail „Kurzfristige Anfrage zu einer Veranstaltung“ hörte sich schon mal spannend an. Also öffnete ich die Mail ;-) und erfuhr: Es handelte sich um eine Veranstaltung, die in München vor etwa 30 Personen stattfinden sollte.

Während dieser Veranstaltung sollte es einen Part mit einem MS-Betroffenen geben, der über sein Leben mit der MS erzählt bzw. was es eigentlich bedeutet, MS zu haben. So weit, so gut. Als Zeitrahmen waren 45 Minuten vorgesehen, genauere Instruktionen und das Vorgehen sollten dann noch in einem Telefonat ausgetauscht werden. Kurzfristig bedeutete allerdings, dass diese Veranstaltung bereits in neun Tage stattfinden sollte. Also stand ich unter Zeitdruck.

Erfahrung bei Vorträgen? – Nada ;-)

Einen Vortrag vor so vielen Personen hatte ich noch nie gehalten. Das war also absolutes Neuland für mich. In meinem Job (vor der Elternzeit) war ich im Vertrieb und im Marketing bei einem Pharmalogistik-Dienstleister beschäftigt. Hier ging es unter anderem um Angebotspräsentationen, an denen auch schon einmal zehn Personen unseres Interessenten teilgenommen hatten – wie zum Beispiel Geschäftsführer, Vertriebler oder auch Marketing-Mitarbeiter namhafter Pharmaunternehmen.

Aber gut, man braucht ja auch mal eine Herausforderung, daher habe ich mich dieser gerne angenommen :-).

Da die Veranstaltung an einem Freitag stattfinden sollte, beschlossen meine Frau und ich, mit dem Auto gemeinsam nach München zu fahren und im Anschluss noch zwei Übernachtungen am Starnberger See zu machen. Die Wetterprognose war gut und für Colin sicherlich auch sehr spannend.

Überlegungen für den Vortrag

Der „Einstieg“ in mein Skript fiel mir nicht ganz leicht, ich musste lange überlegen. Doch irgendwann ist mir das Richtige eingefallen. Dafür kann ich folgende Vorgehensweise empfehlen: Ich mache mir entweder in meinem Handy Notizen oder setze mich direkt an den PC. Das Handy hat den Vorteil, dass man sich eine neue spontane Idee, egal wo man sich gerade befindet, schnell und einfach notieren kann und diese dann später in den PC überträgt. Oft schreib ich mir selbst eine E-Mail mit den Ideen, die mir gekommen sind. Diese steht dann direkt im Posteingang und ich kann sie nicht übersehen oder vergessen.

In meinem Skript habe ich dann die folgenden Punkte für meinem Vortrag notiert:

  • Kurze Vorstellung zu meiner Person
  • Wie hat sich die Krankheit bemerkbar gemacht?
  • Welche Untersuchen wurden bis zur Diagnose MS durchgeführt?
  • Wie habe ich die Diagnose aufgenommen?
  • Wie haben es die Familie und der Freundeskreis aufgenommen?
  • Wie hat der Arbeitgeber reagiert?
  • Mit welcher Therapie wurde gestartet?
  • Wie hat sich mein Leben seitdem verändert bzw. was habe ich verändert?
  • Welche Rolle spielen das Umfeld, die Familie, der Freundeskreis etc.?
  • Was kann ich selbst anderen Betroffenen empfehlen?
  • Was macht die Krankheit MS so tückisch?

In meinem Skript habe ich die einzelnen Punkte mit „Leben“ gefüllt, also teilweise ausformuliert oder auch nur kurze einzelne Stichpunkte gemacht. Das fertige Skript habe ich per E-Mail an die trotz ms Redaktion gesendet, was die Basis für unser Telefonat war.

Die Vorbesprechung lief dann auch gut ab, mit einer kleinen Überraschung für mich: Anstelle von 30 Personen sollten nun 70 Personen meinem Vortrag beiwohnen. Das hat den Druck für mich dann auch nur unwesentlich erhöht ;-)

Tag X – ab nach München

Mein Vortrag war für 11.45 Uhr geplant. Also hatten wir uns für die Autofahrt nach München einen entsprechenden Puffer eingeplant, falls wir in einen Stau geraten sollten. Es ist ja von uns aus bis München eine ziemlich weite Strecke.

Staufrei und entspannt kamen wir an. Meine Frau klinkte sich dann mit Colin aus und machte mit ihm einen ausgiebigen Spaziergang. Ich ging ins Hotel, wo die Veranstaltung durchgeführt wurde. Meine Ansprechpartnerin für die Veranstaltung war auch schon dort. Wir machten uns erst mal bei einem Kaffee bekannt und hielten ein wenig Small Talk. Dabei standen wir direkt vor dem Veranstaltungsraum und ich konnte einen ersten Blick hinein werfen. „Voll, sehr voll“, dachte ich mir und mein Herz schlug deutlich schneller. Hallo Lampenfieber ;-)

Aber gut, jetzt war ich da und es gab kein Zurück. Nach ein paar Minuten war der vorherige Vortrag zu Ende und ich an der Reihe. Also ging ich vor zum Podest, wo man mich dann erst einmal mit einem Mikrofon verkabelte, paar Tonproben, Test 1,2,3 und los ging’s.

Ich hatte mein Skript vor mir auf dem Tisch liegen, damit ich immer mal wieder einen Blick darauf werfen konnte, um nichts zu vergessen. Nach der Begrüßung des Publikums machte ich dann ein paar einleitende Worte über mich und meinen Vortrag. Dabei stellte ich auch die Frage, ob man es mir ansehe, dass ich MS habe, was verneint wurde.

Ein gutes Skript hilft bei kognitiven Einschränkungen

Meine größten Problem liegen ja im kognitiven Bereich. Aus diesem Grund habe ich dem Publikum erklärt, weshalb ich immer wieder mal auf mein Skript zurückgreifen muss, falls ich mal den Faden verliere und mich wieder orientieren muss. Während des Vortrags ging ich immer wieder auf dem Podest auf und ab, um dem Publikum zu zeigen, dass rein äußerlich nichts auf eine chronisch unheilbare Krankheit deuten würde.

MS-Betroffener Carsten hält einen Vortrag

Tatsächlich verlor ich während des Vortrags ein- bis zweimal den Faden. Doch mithilfe des Publikums, das ich mit einbezog, und dank meines Skripts war ich allerdings schnell wieder im Thema drin und so verging die Zeit wie im Flug. Zum Abschluss sagte ich dann meinen Leitspruch „Wer resigniert verliert, don´t give up“ auf. Und ich denke, dass alle Anwesenden dem zustimmen konnten.

Mein Zeitmanagement war ausnahmsweise einmal perfekt und so hatte ich 45 Minuten gut hinbekommen.

Nach dem Vortrag

Fragen gab es nach meinem Vortrag erstmal keine. Das Publikum war aber sehr angetan und den Applaus, den ich bekam, habe ich dann tief in mich eingesogen. Eine schönere Belohnung für all die Arbeit, die letztendlich hinter dem Vortrag steckte, kann es nicht geben

Im Anschluss gab es dann beim Buffet doch noch das eine oder andere Gespräch, bei dem man mir noch Fragen stellte bzw. auch eigene Probleme schilderte.

Ein Gespräch werde ich nicht vergessen. Eine junge Frau hatte mich angesprochen und meinte zu mir: „Ich würd sie am liebsten in den Koffer packen, um zu zeigen, dass man sich nicht hängen lassen sollte.“ Sie selbst hat jemanden in der Verwandtschaft, der an MS erkrankt ist und sich hängen lässt, also in dieser „Resigniert“-Phase steckt.

Es wäre allerdings zu einfach zu sagen: „Denk positiv, dann wird alles gut!“ Dem ist nicht immer so, das habe ich ihr auch gesagt. Wie wir ja wissen, ist MS nicht gleich MS. Jeder Betroffene hat andere Probleme, Defizite oder Verläufe.

Mir persönlich hat mein Vortrag und vor allem die Art und Weise, wie ich ihn gehalten habe, sehr gut gefallen. Jaja, ich weiß Eigenlob stinkt, aber ich war schon ein wenig stolz auf mich selbst und das darf man auch ruhig äußern.

Zur Erholung auf zum Starnberger See

Meine Frau war zwischenzeitlich mit Colin auch beim Buffet angetroffen. Nach einer kleinen Stärkung ging es dann schon wieder weiter zum Starnberger See, Fahrzeit gerade mal 30 Minuten. Wir hatten ein Hotel direkt am See und verbrachten dort noch zwei schöne Tage bei bestem Wetter, Seerundfahrt inklusive.

Alles in allem war es ein sehr schönes Wochenende, das ich nicht so schnell vergessen werde. In diesem Sinne schließe ich wie üblich mit den Worten:

Wer resigniert verliert, don´t give up.

Euer Carsten

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