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Heike, PPMS-Betroffene, 58 Jahre

Erfahrungsberichte

Hilft das neue MS-Medikament wirklich?

9 Minuten

Veröffentlicht am 19.12.2019  von  Heike

Vielleicht kennt Ihr das auch. Der Neurologe empfiehlt ein bestimmtes Mittel und Ihr überlegt: „Hilft mir dies wirklich?“ Oder Euer Neurologe stellt Euch vor mehrere Behandlungsalternativen und Ihr wisst nicht so recht, wie Ihr Euch entscheiden sollt. Vielleicht geht es Euch trotz der Medikamente immer schlechter und Ihr überlegt, die Medikamente zu wechseln. Oder Ihr wollt keine Medikamente nehmen wegen der möglichen Nebenwirkungen …

Ich musste erst lernen, auf mein Bauchgefühl zu hören.

Nachdem die Primär Progrediente Multiple Sklerose bei mir endlich diagnostiziert wurde, stand fest, dass ich mehrmals jährlich zur Kortison-Stoß-Therapie stationär in einer Klinik aufgenommen werde. Dies stellte ich nicht in Frage: Alles war neu für mich und ich war überhaupt mit allem überfordert. Mit den Lebensumständen, der Krankheit usw.

Ein Port für die Kortison-Stoß-Therapie? Nein, danke

Dann kam der Moment, als mir der Arzt vorschlug, ich solle mir einen Port legen lassen. Meine Venen seien so schlecht und mit einem Port sei die Kortisoninfusion überhaupt kein Problem mehr. Dieser Port hörte sich für mich schlimm an und ich begann, alles Für und Wider abzuwägen. Ich entschied mich dann dagegen: Weder wollte ich mir einen Port legen lassen noch weiterhin die Kortisoninfusionen verabreicht bekommen.

Mein Neurologe akzeptierte die Entscheidung und meinte, Kortison sei wie ein Feigenblatt, dass man gab, weil es für die chronisch progrediente Form der MS zu dieser Zeit keine Medikamente gegeben hat. Ich war schon verunsichert. Nach jeder Infusion hatte ich mir eingeredet, dass es mir besser gehen wird (das tat es dann auch tatsächlich), und nun sollte es vielleicht ein Placebo-Effekt gewesen sein?

MS-Betroffene Heike

Ausprobieren, was hilft: Meine Teilnahmen an Medikamentenstudien

In den folgenden Jahren nahm ich nacheinander an zwei verschiedenen Medikamentenstudien teil. Bei beiden Studien wurde das Medikament als Tablette angeboten. Bei dem ersten Medikament handelte es sich um eine Doppelblindstudie. Weder ich noch mein Neurologe wussten, ob ich tatsächlich das Medikament oder ein Placebo erhalten hatte. Nach zwei Jahren war die Studie ausgelaufen und ich erhielt das Mittel tatsächlich. Mir ging es nicht schlecht mit diesem Mittel, aber das Medikament bekam keine Zulassung auf dem Markt und der Vertrieb wurde eingestellt. Nun begannen alle Überlegungen von vorne.

Mir wurde eine neue Studie vorgestellt mit einem hochdosierten Vitamin. Dies schien eine ideale Lösung zu sein: Wenn es hilft und wenig Nebenwirkungen hat, was will man mehr? Leider ging es mir zu dieser Zeit langsam schleichend immer schlechter. Als der Neurologe dann meinte, es bringe nichts, das Mittel sollte abgesetzt werden und ich solle auf ein neues Medikament für die chronisch progrediente MS umsteigen, konnte ich nur recht kleinlaut nicken.

Es nahm einige Zeit in Anspruch, bis ich nach der Studie mit den Voruntersuchungen beginnen konnte; und dann verging wieder Zeit, bis ich die erste Gabe des neuen Medikamentes erhielt.

Meine Zeit mit dem neuen MS-Medikament

Ende des Jahres 2018 bekam ich dann zum ersten Mal das Medikament verabreicht. Aber trotzdem ging es mir nicht gleich besser. Vielleicht wäre es mir ohne dieses Mittel aber noch schlechter gegangen?

Am Jahresende ist es bei mir, wie vielleicht bei anderen von Euch auch, sehr arbeitsintensiv. Zudem ist die Zeit am Jahresende für die meisten Menschen ja hektisch: Weihnachtsgeschenke, Weihnachtswünsche, Weihnachtsfeiern … Die Adventszeit ist für mich eine sehr schöne Zeit, aber die MS und der Stress mochten sich überhaupt nicht. Und so kam es, dass ich mich mit dem Stock Schritt für Schritt durch die Gegend schleppte und manchmal nicht mehr wusste, wie ich mein Ziel überhaupt erreichen sollte. An Heilig Abend war ich dann auch krank.

Ein Klinikaufenthalt half gegen meine MS-Beschwerden

Daher ließ ich mich im Januar 2019 in eine neurologische Klinik einweisen. Dort gab es vielfältige Anwendungen, vor allem täglich Physiotherapie, aber auch Wassergymnastik, Ganzkörperultraschall, psychologische Gespräche, Ergotherapie usw. Außerdem ernährte ich mich in den drei Wochen in der Klinik gluten- und laktosefrei.

Ich bin ein ungeduldiger Mensch und es dauerte einige Zeit, bis Erfolge zu sehen waren. Aber eine Besserung trat tatsächlich ein und mein Neurologe war sehr erfreut.

Ich weiß nicht, ob es tatsächlich am Medikament lag oder am Klinikaufenthalt – also ohne beruflichen Stress – oder an den Anwendungen, am Sport, der Ernährungsumstellung … Das ist am Ende auch egal. Wichtig ist, dass es mir endlich besser geht und dass ich nun alles versuchen werde, dass es einige Zeit so bleibt.

Mein Fazit: MS-Medikamente und eine vernünftige Lebensweise

Wichtig ist Vertrauen auf ärztlichen Rat und in sich selbst. Ich vertraue auch dem lieben Gott und dem Universum, aber in diesem Punkt soll jeder seine eigene Meinung haben. Das Absetzen von Medikamenten bringt genauso wenig wie das Vernachlässigen von Sport, Ernährung, Entspannung etc. Deshalb nehme ich das neue Medikament weiter und weiß inzwischen viel darüber. Ich achte aber auch auf meine Ernährung, treibe täglich etwas Sport, schreibe so oft wie möglich Tagebuch und versuche das zu tun, was mir guttut. Denn am Ende werde ich nie wissen, ob es allein ein Medikament ist, das geholfen hat.

Ich hoffe, dieser Artikel war interessant für Euch.

Liebe Grüße
Eure Heike

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