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Veröffentlicht am 29.04.2022 von trotz ms Redaktion
Das Epstein-Barr-Virus löst unter anderem das Pfeiffersche Drüsenfieber aus, scheint aber auch maßgeblich an der Entwicklung der Multiplen Sklerose beteiligt zu sein. Das legt eine neue Studie nahe.
Das Epstein-Barr-Virus, kurz EBV, schlummert in fast jedem Menschen. Früher oder später kommen die meisten mit dem Erreger in Berührung, weil er sich schnell über den Speichel verbreitet – zum Beispiel beim Küssen. Die Folge einer Infektion mit dem EBV ist das Pfeiffersche Drüsenfieber (Mononukleose), aber wahrscheinlich nicht nur. Forscher:innen vermuten schon lange, dass das Virus auch an der Entwicklung der MS beteiligt ist. Denn bereits frühere Studien konnten zeigen, dass Menschen, die eine EBV-Infektion durchgemacht haben, ein erhöhtes Risiko für MS aufweisen. In einer kürzlich erschienenen Studie ist dies der zentrale Aspekt der Untersuchungen.
Für die Studie untersuchten die Forscher:innen die Blutproben von mehr als 10 Millionen jungen Mitarbeitenden des US-Militärdienst, die über einen Zeitraum von 20 Jahren gesammelt wurden. Alle Menschen, die in den USA in den Militärdienst eintreten, werden zu Beginn und dann alle zwei Jahre auf HIV gescreent. Die dafür verwendeten Blutproben werden aufbewahrt und standen der Studie nun zur Verfügung, um sie auf eine frühere EBV-Infektion zu untersuchen.
955 der untersuchten Militär-Mitarbeitenden erkrankten im Verlauf der Studie an MS. Von 801 dieser MS-Erkrankten lagen Blutproben für die EBV-Untersuchung vor. Bei allen bis auf einen konnte darin eine frühere EBV-Infektion nachgewiesen werden.
Bei 35 der Mitarbeitenden mit MS-Diagnose konnte in der ersten genommen Blutprobe noch keine EBV-Infektion nachgewiesen werden. Aber alle infizierten sich mit EBV, bevor sie an MS erkrankten – das heißt, in späteren Blutproben wurde vor der MS-Diagnose eine EBV-Infektion festgestellt. Als Kontrollgruppe wurden 107 Mitarbeitende untersucht, bei denen in der ersten genommenen Blutprobe ebenfalls keine EBV-Infektion nachgewiesen werden konnte. Von diesen infizierten sich im Verlauf nur 90 mit EBV. Aus diesen Daten berechneten die Forscher:innen, dass eine EBV-Infektion das Risiko für MS um das 32-fache erhöht. Die Studie legt damit nahe, dass EBV nicht nur ein Risikofaktor, sondern ein Auslöser von MS sein könnte.
Wie genau EBV zu MS führt, bleibt unklar. Die Ergebnisse der Studie deuten zwar darauf hin, dass eine Infektion mit dem Virus eine Voraussetzung ist, allein aber nicht ausreicht, um MS auszulösen. Denn etwa 95 Prozent aller Menschen stecken sich im Laufe ihres Lebens mit EBV an, aber nur ein Bruchteil von ihnen erkrankt später auch an MS. Das bedeutet, dass weitere Faktoren wie beispielsweise genetische Voraussetzungen zusätzlich eine Rolle spielen müssen.
Nach einer EBV-Infektion schlummert das Virus lebenslang in unserem Körper – genauer gesagt in den B-Zellen. Expert:innen vermuten, dass die überzeugende Wirkung der B-Zell-Therapie bei MS auch darauf beruhen könnte, dass damit der „Unterschlupf“ von EBV im Körper – in Form der B-Zellen – entfernt wird.
Da das Virus so weit verbreitet und leicht übertragbar ist, kann man sich kaum vor einer Ansteckung schützen. Die Entwicklung einer EBV-Impfung könnte in Zukunft vielleicht auch MS verhindern.
Hinweis: Die ursprüngliche Version des Textes stammt von Onmeda.
*Quellen:
Thacker EL et al. Infectious mononucleosis and risk for multiple sclerosis: a meta-analysis. Ann Neurol. 2006;59:499-503
Levin LI et al. Temporal relationship between elevation of epstein-barr virus antibody titers and initial onset of neurological symptoms in multiple sclerosis. JAMA. 2005;293:2496-500.
Serafini B et al. Dysregulated Epstein-Barr virus infection in the multiple sclerosis brain. J Exp Med. 2007;204:2899-912.
Bjornevik K et al. Longitudinal analysis reveals high prevalence of Epstein-Barr virus associated with multiple sclerosis. Science. 2022;375:296-301.
dmsg.de: Stellungnahme aus dem ärztlichen Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft
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